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Kranich, Pelikan & Flamingo im Tiergarten Schönbrunn
Zoo-Werbung aus 1955
von Julia König,
22. August 2023
1955 entschied die knapp 18-jährige Frizzi Weidner mit ihrem Entwurf den Wettbewerb um das Plakatsujet des Tiergarten Schönbrunns für sich. Zusätzlich wurde sie eine der drei Jahres-Preisträger*innen der Plakatwertungsaktion der Stadt Wien.
Das Sujet
Ein strahlend weißer Kranich dominiert die Bildkomposition. In der Bildmitte stehend ist sein Hals zum Buchstaben „S“ geformt, den mintfarbenen Schnabel nach rechts gewandt. Dort steht leicht nach hinten versetzt ein grüner Pelikan, in dessen leuchtend gelben Schnabel gerade zwei Fische verschwinden. Ein kleiner Teich oder ein anderes Gewässer schafft mehr räumliche Tiefe und auf der anderen Seite tänzeln zwei rosarote Flamingos. Die ganze Szene spielt vor einem diffusen Hintergrund in einem Farbverlauf von mittelblau nach ocker. Der Entwurf für die Farblithographie dürfte wohl in Collagetechnik entstanden sein und es kommen keine Primärfarben zum Einsatz, sondern fein aufeinander abgestimmte Mischfarben.
Exemplarisch stehen die Vögel für die große Vielfalt und die exotischen Tiere, die auf die Besucher*innen im Tiergarten Schönbrunn warten. Mit einfachsten Mitteln und wenigen Farbflächen schafft es Frizzi Weidner den Tierdarstellungen eine Lebendigkeit zu geben, die den Anschein geschäftigen Treibens erweckt.
Die Grafikerin
Friederike "Frizzi", manchmal auch „Fritzi“, Weidner (1937–1995) wurde in Berlin geboren, wo sie ihre ersten Lebensjahre verbrachte. Nach dem Krieg zog die Familie nach Neunkirchen in Niederösterreich. Bald übersiedelte Weidner ins rund 70 Kilometer entfernte Wien, um an der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt das Handwerk der Grafikerin zu erlernen und dort auch die Meisterklasse zu absolvieren.
Bereits zu Schulzeiten begann 1952 die Zusammenarbeit von Frizzi Weidner mit dem Tiergarten Schönbrunn, der anlässlich seines 200-jährigen Bestehens die Graphische beauftragte Entwürfe zu gestalten, eine Zusammenarbeit die bis zum Ende der 1980er Jahre andauern sollte. Das in diesem Beitrag besprochene Plakat von 1955 wurde im Zuge der Plakatwertungsaktion der Stadt Wien zum besten Plakat des Jahres prämiert. Ab 1958 arbeitete sie für Julius Meinl und entwarf dort Plakate, Verpackungen, Kataloge und Umschläge.
Frizzi Weidners besondere Begabung lag jedoch in der Illustration von Kinderbüchern. Ebenfalls 1955 erhielt sie für "Das kleine Wetterhaus" den Illustrationspreis der Stadt Wien. 1964 machte sich Weidner selbständig und arbeitete unter anderem für den Verlag Jugend & Volk, für den sie auch die Zeitschrift "Kleines Volk" gestaltete, sowie den Österreichischen Bundesverlag.
Illustration von Frizzi Weidner aus "Das kleine Wetterhaus", 1958. Wienbibliothek im Rathaus, A-304086
Eine Auswahl der von ihr illustrierten Kinderbücher zeigt angesichts der Fülle den hohen Stellenwert, den diese Arbeiten in ihrem Gesamtwerk einnehmen. So arbeitete sie etwa an
- „Deine Karoline“ von Vera Ferra-Mikura (1959),
- „Wolfgang und die Funkstreife“ von Elfe Kaiser (1961),
- „Während Susi schläft“ von Nina Schneider (1966),
- „Am Sonntag geh’n wir in den Zoo“ von Emmy Wohanka (1966),
- „Der Jüngling im Baumstamm“ von Oskar Jan Tauschinski (1969),
- „Der Brummkreisel“ von Friedl Hofbauer (1969),
- „Der Mann mit dem Blumenkopf - Märchen aus Ungarn“ von György Sebestyen (1972) und
- „Ein Städtchen zieht um“ von Elisabeth Weber Sykora (1975).
Illustration von Frizzi Weidner aus "Der Jüngling im Baumstamm. Märchen und Volkssagen aus Polen", 1969. Wienbibliothek im Rathaus, A-192825
Illustration von Frizzi Weidner aus "Der Brummkreisel", 1969. Wienbibliothek im Rathaus, B-164675
Illustration von Frizzi Weidner aus "Während Susi schläft. Eine Gutenachtgeschichte", 1979.
Wienbibliothek im Rathaus, B-183741
Der Auftraggeber
Bereits im Alter von 15 Jahren bekam Frizzi Weidner den ersten Auftrag Plakate für den Tiergarten Schönbrunn zu gestalten. Neben ihr entwarfen auch andere Schüler*innen der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt für den Tiergarten, wie Willi Kriegl (1931–2015), der 1953 mit dem Staatspreis der Republik Österreich für sein Eisbär-Plakat ausgezeichnet wurde, oder Rita Dolezal, einer der Preisträger*innen der Plakatwertungsaktion 1958 in der Kategorie „Die besten Plakate des Jahres“ für ihren Waschbären.
Eisbär-Plakat für den Tiergarten Schönbrunn
von Willi Kriegl, 1953. Wienbibliothek im Rathaus, P-25892
Waschbär-Plakat für den Tiergarten Schönbrunn
von Rita Dolezal 1958. Wienbibliothek im Rathaus, P-26130
Weiterführende Information
Seit 100 Jahren sammelt die Wienbibliothek im Rathaus mittlerweile Plakate und verfügt mit über 400.000 Exemplaren über eine der weltweit größten Sammlungen dieser Art. Dazu ist aktuell das Buch „Das Plakat in der Stadt. 100 Jahre Plakate sammeln“ erschienen, das in der Wienbibliothek im Rathaus und im Buchhandel erhältlich ist.
Weitere Informationen finden Sie hier.
Quellen
- Heidelinde Resch [Hg.]: 14 Grafikerinnen im Wien des 20. Jahrhunderts. "... Exaktheit der Zeichnung und Farbe mit echt wienerischem Charme...". Wien: Ambra 2013, S. 141-149
- Willi Kriegl: Design Austria Mitteilungen 2/2015, S. 14
- Rita Dolezal: Rathauskorrespondenz 30. Dez. 1958, Blatt 2823
Links in den Katalog
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