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Triumph des nassen Elements: 150 Jahre Wiener Wasser

Leitungsnetz des Hochstrahl-Brunnens. In: Der Bau der Wiener Kaiser Franz Josef Hochquellen-Wasserleitung, Carl Mihatsch, 1881. d-4192, Wienbibliothek im Rathaus

von Gerhard Murauer,
3. April 2023

In das heurige Jahr fällt die 150. Wiederkehr der feierlichen Eröffnung der Ersten Wiener Hochquellenleitung. Der Abschluss dieses Projektes eröffnete Wien den Weg zur Großstadtwerdung. Die Jahrhunderte davor war die Bevölkerung der Stadt und der umliegenden Ortsgemeinden auf die unsichere Versorgung durch lokale Brunnen und Wasserzuleitungen angewiesen. Die Folgen quantitativ und qualitativ unzureichender Wasserversorgung bekam bis 1873 jede Generation am eigenen Leibe zu spüren. Niemals zuvor stand Wasser in schier unbegrenztem Ausmaß und von allerhöchster Qualität Verfügung: als willkommener Durstlöscher, für sanitäre und hygienische Zwecke, für die Bewässerung der städtischen Grünanlagen, ja sogar der Kampf gegen Feuersbrunst (Hydrant) und die Staubplage (Straßenbesprengung) erhielt mit der Hochquellenleitung nun erst seine volle Durchschlagkraft.

Am symbolträchtigen 1. Mai 1865 wurde nicht nur die Wiener Ringstraße als Meilenstein der Stadterweiterung eröffnet, sondern es erfolgte auch die Schenkung der Quellen in Kaiserbrunn im Rax-Schneeberg-Gebiet durch Franz Josef I. an die Stadt Wien. Der langwierige Weg, ehe das kostbare Nass aus den Wiener Brunnen und Bassenas sprudelte, war jedoch von der Lösung erheblicher technischer und juristischer Probleme begleitet.

Ein Techniker aus Schlesien

Die Wienbibliothek im Rathaus bewahrt handschriftliche und gedruckte Quellen zu beiden Problemkreisen auf, die in vielen Sitzungen der gemeinderätlichen Wasserleitungskommission behandelt wurden. Auch unser aktuelles Sujet ist dieser Sammlung entnommen und verdankt seine Entstehung Carl Mihatsch (1826-1910). Mihatsch, ein gebürtiger Schlesier aus Jägerndorf arbeitete ab 1870 als Oberingenieur im Stadtbauamt. Ein Jahr später übernahm er bereits die alleinige Leitung des Baus der Ersten Wiener Hochquellenleitung. Die Großartigkeit dieser Ingenieurleistung kann gar nicht genug betont werden - vor allem aus Perspektive der heutigen Gesellschaft, die erst langsam lernen muss, auch urbane Großprojekte effizient, nachhaltig und ressourcenschonend umzusetzen. Mihatsch brachte alle diese Voraussetzungen mit. Das von ihm mit seinem Technikerstab entwickelte Leitungssystem bringt das Wasser ohne zusätzlichen Energieaufwand nur durch die Gravitation nach Wien, in Leitungen und Stollen, die bis heute ihren Zweck erfüllen. Sein Wasserleitungskonzept brachte es sogar mit sich, dass heute ökologisches Denken aus der Stadt auf das Land getragen wird: die Wasserleitungstrasse ist Schutzgebiet, die Wälder im Quellengebiet sind ökologisch wertvolle Wasserschutzgebiete, bei allen Bauprojekten, die entlang der Trasse liegen, müssen die Interessen der Wiener Wasserversorgung vor allen Dingen berücksichtigt werden.

Der Bau der Wiener Kaiser Franz Josef Hochquellen-Wasserleitung, dargestellt in 57 Tafeln

Carl Mihatsch hat 1881 im Selbstverlag die technischen Anlagen, die Trassenführung sowie das innerstädtische Wasserversorgungsnetz publiziert. Das Werk besticht durch die unglaublich sorgfältig ausgeführten Zeichnungen. Wie graphische Kunstwerke wirken die Tableaus der Röhrenprofiele und die Querschnitte der Schieberanlagen. Die Architekturzeichnungen der Wasserschlösser entlang der Strecke lassen an Schatzkammern erinnern, die unermessliche Reichtümer bergen.

Im Zentrum der großformatigen Publikation steht eine aufwendig kolorierte Lithographie zum Wasserversorgungsnetz in den verschiedenen Wiener Gemeindebezirken, deren Leitungsverlauf bis auf notwendige Modifizierungen bis heute unverändert ist.

Besonders wertvoll ist das Druckwerk Mihatsch‘ dort, wo Anlagen beschrieben werden, die im Laufe der Zeit in technischer oder funktionaler Hinsicht verändert wurden. Unser Sujet zeigt das ursprüngliche Leitungsnetz, das zum Betrieb des 1873 eröffneten Hochstrahlbrunnens auf dem Schwarzenbergplatz erforderlich war. Das System aus Ringleitungen war verhältnismäßig komplex, da die unterschiedlichen Strahlhöhen der Fontänen auch bei schwankendem Leitungsdruck in etwa konstant gehalten werden sollten. Um vom Leitungsdruck unabhängig zu sein, wurde 1906 im Zuge der Umgestaltung zu einem Leuchtbrunnen die gesamte Anlage vom Leitungsnetz genommen und über eine Umwälzpumpe in Betrieb gehalten.



Weiterführende Information

Carl Mihatsch zu Ehren wurde 1933 die Mihatschgasse im 21. Wiener Gemeindebezirk gewidmet, sein Ehrengrab befindet sich auf dem Hütteldorfer Friedhof.

Bei der Wiener Vorlesung "Wiener Wasser. Ressource der Zukunft" vom 4. Mai 2023 erläuterten Gertrud Haidvogl, Senior Scientist am Institut für Hydrobiologie und Gewässermanagement an der Universität für Bodenkultur Wien, Günter Blöschl, Vorstand des Instituts für Wasserbau und Ingenieurhydrologie an der Technischen Universität Wien, und Marija Zunabovic-Pichler von der MA 31 - Wiener Wasser die umfassenden Geschichte der Wiener Wasserversorgung.

Link in die Wienbibliothek Digital

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