Objekt des Monats Juni 2013: 100. Jahrestag der ersten "Zeppelin"-Landung in Wien
Die Landung eines der von Ferdinand Graf von Zeppelin (1838–1917) konstruierten riesigen Luftschiffe und selbst der bloße Überflug zog die Wienerinnen und Wiener in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts jedes Mal massenhaft in den Bann – erstmals am 9. Juni 1913 im Vorfeld der II. Internationalen Flugwoche in Aspern.
Nachdem ein bereits für 1910 geplanter Besuch aufgrund technischer Probleme abgesagt werden musste, boten sich durch die Eröffnung des Flugplatzes in Aspern im Juni 1912 bessere technische Möglichkeiten. Das Luftschiff „Sachsen“ war in der Nacht in Baden-Baden (Deutschland) gestartet und kam über das Donautal etwa um 13.45 Uhr in der Reichshaupt- und Residenzstadt an. In einem großen Bogen fuhr der Zeppelin über den Nussberg, Döbling, Währing, Ottakring und Rudolfsheim nach Schönbrunn, wo Kaiser Franz Joseph das Luftschiff in Augenschein nehmen konnte. Über die Bezirke Favoriten, Landstraße und Simmering nahm das Gefährt schließlich Kurs auf Aspern, wo es um 14.53 Uhr vor Anker ging, wie die Chronisten berichteten. In zahlreichen Augenzeugenberichten schildern die Zeitungen die begeisterte Stimmung in der Bevölkerung beim Anblick des Luftschiffs: „Auf allen Balkonen, in allen Fenstern, ja auf den Dächern der Häuser zeigten sich sofort Neugierige, in den Straßen begann jeder Verkehr zu stocken, Hunderte und Tausende sammelten sich auf den größeren Plätzen ...“ (Volksblatt für Stadt und Land, 15.6.1913, S. 2).
Am Flugfeld wurde Graf Zeppelin von zahlreichen Ehrengästen empfangen, unter anderem durch Vertreter der kaiserlichen Familie und den Wiener Bürgermeister Richard Weiskirchner. Zu Ehren des Flugpioniers wurde im Stadtratssitzungssaal (heute: Stadtsenatssitzungssaal) des Rathauses ein Empfang gegeben; der Kaiser empfing Zeppelin am nächsten Tag in Privataudienz und überreichte dem Luftschiffer das „Ehrenzeichen für Kunst und Wissenschaften“. Festredner und Zeitungskolumnisten interpretierten den Besuch im Sinne der Freundschaft und Bündnistreue zwischen der Donaumonarchie und dem Deutschen Reich. Das Luftschiff selbst war nur eine Nacht in Aspern geblieben und bereits um 3 Uhr morgens wieder in Richtung Bodensee aufgestiegen. Die amtliche „Wiener Zeitung“ vergaß nicht, auch die „hingebungsvolle Arbeit des Magistrats und des Stadtbau-Amtes“ (Wiener Zeitung, 10.6.1913, S. 6) zu erwähnen, die die Straßen zum Flugfeld in „tadellosen Zustand“ versetzt hätten, ebenso den Einsatz von Sanitätskräften am Flugfeld und der Polizei.
Auch der medial groß inszenierte und von „Anschluss“-Befürwortern politisch vereinnahmte Besuch des Luftschiffs „Graf Zeppelin“ am Flugfeld Aspern am 12. Juli 1931 wurde zu einem Massenspektakel mit Volksfest-Charakter.
Archiv der Objekte des Monats 2013
- Mai 2013: Auf der Wiener Weltausstellung
- April 2013: Mit dem Zug von Wien nach Triest
- März 2013: Bodo Hell zum 70. Geburtstag
- Februar 2013: Franz Schuhmeier zum 100. Todestag
- Jänner 2013: Rosa Mayreder zum 75. Todestag