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Objekt des Monats Jänner 2013: Rosa Mayreder zum 75. Todestag

Rosa Mayreder an ihrem siebzigsten Geburtstag. Postkarte aus dem Jahr 1928 mit Danksagung an Felix Braun. Wienbibliothek, Handschriftensammlung, H.I.N. 218360 (Vorderseite)

Die Schriftstellerin, Frauenrechtlerin, Friedensaktivistin und Malerin Rosa Mayreder wurde am 30. November 1858 als Tochter des Wiener Gastwirtes Franz Obermayer – Vater von dreizehn Kindern – und seiner zweiten, weit jüngeren Ehefrau Maria Engel geboren. Die Familie wohnte in der Landskrongasse unweit des Stephansdoms in der Wiener Innenstadt und hatte ihren Sommersitz auf der Hohen Warte. Rosa Obermayer genoss die klassische Ausbildung für „Höhere Töchter“: Sie war Schülerin zweier Privatmädcheninstitute und erhielt nicht nur Klavierstunden, sondern auch Privatunterricht in Französisch. Auch den Privatstunden in Latein und Griechisch des jüngeren Bruders Fritz durfte sie beiwohnen. Zur standesgemäßen Erziehung gehörte schließlich der Malunterricht, Rosa Obermayer lernte etwa bei Hugo Darnaut und Hugo Charlemont und sollte ab 1891 auch selbst bei Ausstellungen vertreten sein. Sie war, nicht zuletzt, erstes weibliches Mitglied des Wiener Aquarellistenklubs. Ungewöhnliche Wege schlug Rosa Obermayer auch anderweitig ein, wobei sie weitgehend mit der Unterstützung der Eltern rechnen konnte, etwa als sie als Siebzehnjährige mit auf eine große Italienreise genommen wurde. Im Reisetagebuch aus dem Nachlass findet sich die Notiz: "Es ist alles Phrase geworden, was früher Ausdruck war. Ich bin arm, wenn ich den Reichthum früherer Zeit betrachte. Es war ein wirklicher, mächtiger Schmerz, bitter und trostlos, aber es trieb mich zu befassen an." (WBR, HS, H.I.N.-133161)

Gegen althergebrachte Vorstellungen von Männlichkeit und Weiblichkeit stellte sich die junge Rosa Obermayer schon früh: Sie verschlang bereits als Mädchen Bücher, die keineswegs zum Kanon der Mädchenbildung gehörten, empfand die traditionelle weibliche Handarbeit als "wahre Strafe Gottes" und widmete sich entschlossen der Pflege des Intellekts anstelle der Pflege der Schönheit. Auch der Protest gegen die Kleiderordnung der Zeit blieb nicht aus: "Mein Groll gegen das Mieder als Werkzeug der Beschränkung stieg im Lauf der Zeit so weit, daß ich es mit achtzehn Jahren einfach ablegte – zum beständigen Ärgernis meiner Umgebung, die darin einen Mangel an Sittsamkeit erblickte und meine Erscheinung plump, ja geradezu unanständig fand."

Im Jahre 1877 verlobte sich Rosa Obermayer mit dem Jugendfreund Karl Mayreder, der Karriere an der Universität machen sollte und 1922 schließlich das Amt des Rektors der Technischen Hochschule übernahm. Geheiratet wurde im Jahre 1881, womit das Paar in den achten Wiener Gemeindebezirk übersiedelte. Bereits in der ersten gemeinsamen Wohnung, vor allem aber später im Bezirk Wieden, etablierte sich unter der Führung der Mayreders ein Salon, in dem prominente Zeitgenossen zum regen Austausch zusammenkamen. Dazu gehörten etwa Rudolf Steiner oder der enge Freund Hugo Wolf, für den Rosa Mayreder das Libretto zu dessen einziger Oper "Der Corregidor" verfasste. Um die Jahrhundertwende begann Rosa Mayreder, nicht mehr nur als Malerin auf sich aufmerksam zu machen: 1896 erschien eine erste Novellensammlung aus ihrer Feder – zu einem Zeitpunkt, als sie bereits Vizepräsidentin des Allgemeinen Österreichischen Frauenvereins war. Die Verteidigung der Frauenrechte schließlich wurde zum Hauptanliegen, wenn auch weitere literarische Werke folgen sollten, beispielsweise der Roman "Idole – Geschichten einer Liebe" (1899) oder der Sonettenband "Zwischen Himmel und Erde" (1908). Im Jahre 1879 gründete Rosa Mayreder zusammen mit Olga Prager, Marianne Hainisch und Friedrich Jodl eine "Kunstschule für Frauen und Mädchen", im Jahre 1905 legte sie den Essay Kritik der Weiblichkeit vor, ein bis heute zentrales Dokument der Beschäftigung mit der historischen "Frauenfrage". Der zweite wichtige Essayband "Die Frau und die Kultur" erschien 1923, bevor schließlich in kurzen Abständen mehrere Abhandlungen folgten. Auch als Mitbegründerin einer protofeministischen Zeitschrift machte sich Rosa Mayreder einen Namen, denn sie gab 1899 mit Marie Lang und Auguste Fickert erstmals die vierzehntägig erscheinenden "Dokumente der Frauen" heraus, die im Gründungsjahr nicht weniger als 1300 Abonnenten und Abonnentinnen hatte, aber sich dennoch nur bis 1902 halten konnte. Das Blatt sollte nach eigener Auskunft „den Frauen die Wege anzeigen, die sie einschlagen müssen, um ihre Interessen zu verteidigen“ – also die Emanzipation vorantreiben in Fragen der weiblichen Bildung, Berufstätigkeit sowie im Hinblick auf die Teilhabe der Frauen an der Politik.

Im Jahre 1928 – im Jahr ihres 70. Geburtstages – wurde Rosa Mayreder zur "Ehrenbürgerin der Stadt Wien" gewählt. Empfangen durfte sie letztlich nur das "Bürgerdiplom", da sie sich offen zu ihrem jüdischen Großvater bekannte. Für die Glückwünsche bedankte sie sich unter anderem bei dem Schriftstellerkollegen Felix Braun (1885–1973): "Verehrter Meister! Empfangen Sie meinen herzlichsten Dank für die reizenden Worte, mit denen Sie mich in der Festschrift zu meinem Geburtstag erfreuten. Verehrungsvoll ergeben Ihre Rosa Mayreder".

Rosa Mayreder starb am 19. Jänner 1938 in Wien. Ihr literarischer Nachlass ging an Käthe Braun-Prager (1888–1967), die den Bestand in den Jahren 1952 und 1953 an die Wienbibliothek im Rathaus abgab. Der Nachlass (ZPH 264 und ZPH 284) besteht aus 736 Inventarnummern. Dazu kommen zwei Archivboxen mit Werken in unterschiedlichen Bearbeitungsstufen sowie mit Tagebüchern, Fotografien und Korrespondenzstücken. Auch das Libretto zu Wolfs "Der Corregidor" ist erhalten.

"Empfangen Sie meinen herzlichsten Dank für die reizenden Worte" - Postkarte Rosa Mayreders mit Danksagung an Felix Braun. Wienbibliothek, Handschriftensammlung, H.I.N. 218360 (Rückseite)