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Objekt des Monats November 2020: Robert Danneberg – „Vater“ der Wiener Stadtverfassung

Robert Danneberg, Porträtfoto (schwarz-weiß, 12,2 x 17,2 cm), undatiert, WBR, TBA,TF-001990

Das Objekt des Monats November zeigt ein Foto von Robert Danneberg, der maßgeblich am Aufbau des Roten Wien beteiligt war, zu Unrecht aber weniger bekannt ist als andere Proponenten. Als herausragender Verfassungs- und Verwaltungsexperte gehörte er zu den wichtigsten Verhandlern seiner Partei um die Bundesverfassung und leistete die Hauptarbeit bei der Reform des Gemeindestatuts vom April und der Erarbeitung der Wiener Stadtverfassung vom November 1920.

Robert Danneberg wurde 1885 als zweites Kind einer der jüdischen Gemeinde in Budapest entstammenden Familie geboren. Nach der Matura studierte er Rechtswissenschaften an der Universität Wien, wo er 1908 promovierte. Schon während des Studiums engagierte er sich in der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei und der Sozialistischen Jugendinternationale, danach wirkte er hauptberuflich als Sekretär der sozialdemokratischen Zentralstelle für das Bildungswesen sowie als Redakteur von Parteipublikationen.

1919 wurde der Verfassungs- und Verwaltungsexperte sowohl in die Konstituierende Nationalversammlung als auch in den Gemeinderat gewählt. Beiden Gremien gehörte er bis zur Ausschaltung der Sozialdemokratie im Februar 1934 in führenden Funktionen an. Gemeinsam mit den meist bekannteren Bürgermeistern Jakob Reumann und Karl Seitz oder Stadträten wie Hugo Breitner und Julius Tandler gehört er zu den tragenden Säulen des Roten Wien.

Mit einer unter seiner Federführung ausgearbeiteten Reform der Gemeindeverwaltung schuf er im April 1920 die bis heute gültigen Grundzüge des politischen Systems von Wien. Dazu zählen nicht zuletzt neu geschaffene Institutionen wie die amtsführenden Stadträte, der Stadtsenat oder die Gemeinderatsausschüsse, aber auch das Kontrollamt. Auch die städtischen Unternehmungen wurden erstmals in der Kommunalverfassung verankert.

Am 10. November 1920 trat die am 1. Oktober 1920 beschlossene Bundesverfassung in Kraft, die Wien auch als Bundesland definierte. In der auf dem April-Statut aufbauenden Stadtverfassung vom 10. November 1920, die ebenfalls die Handschrift Dannebergs trägt, wurden nun auch die Landesagenden geregelt. Diese rechtlichen Grundlagen machten die großen politischen und sozialen Reformen in der Bundeshauptstadt überhaupt erst möglich.

Der Jurist übte ab 1920 das Amt eines Präsidenten des neu geschaffenen, mit dem Gemeinderat personenidenten Wiener Landtages aus, ehe er 1932 die Nachfolge Breitners als Finanzstadtrat antrat. Darüber hinaus schuf er die rechtlichen Grundlagen für die kommunale Wohnbaupolitik und verfasste in mehrere Sprachen übersetzte Broschüren über die Leistungen des Roten Wien. Das hier gezeigte Bild stammt vermutlich aus der internationalen Presse.

Im Februar 1934 wurde Danneberg wie auch andere sozialdemokratische Politiker vom Dollfuß-Schuschnigg-Regime aus politischen Gründen verhaftet, noch im gleichen Jahr aber aus der Haft entlassen. Er arbeitete nach seiner Entlassung trotz Polizeiüberwachung in der illegalen Bewegung weiter und traf regelmäßig mit den Führern der Revolutionären Sozialisten zusammen. Nach dem „Anschluss“ im März 1938 durch das NS-Regime neuerlich verhaftet, wurde er in das Konzentrationslager Dachau und schließlich nach Auschwitz deportiert, wo er 1942 ermordet wurde.

Archiv der Objekte des Monats 2020: