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Objekt des Monats November 2017: Deutsch-Verzeichnis

Otto Erich Deutsch (in collaboration with Donald R. Wakeling): Schubert. Thematic Catalogue of All His Works. London: J. M. Dent & Sons, 1951 Wienbibliothek im Rathaus, Druckschriftensammlung, Signatur: A-129438

Vor 50 Jahren, am 23. November 1967, starb mit Otto Erich Deutsch einer der bedeutendsten Schubert-Forscher der Geschichte. In einer Zeit, als durch den Roman Schwammerl von Rudolf Hans Bartsch und die darauf basierende Operette Das Dreimäderlhaus von Heinrich Berté ein verkitschtes Schubert-Bild in der Öffentlichkeit verankert wurde, suchte Deutsch durch eine dokumentarische Darstellung den "tatsächlichen" Schubert zu vermitteln. So entstand die Idee zu einer mehrbändigen Edition unter dem Titel Franz Schubert. Die Dokumente seines Lebens und Schaffens. Den krönenden Abschluss bildete das Thematische Verzeichnis seiner Werke in chronologischer Folge, das mit dem umgangssprachlichen Kurztitel Deutsch-Verzeichnis seinem Autor ein ehrendes Andenken bewahrt.

Der 1883 in Wien geborene Otto Erich Deutsch begann nach einem Studium der Kunst- und Literaturgeschichte seine berufliche Laufbahn 1908/09 als Kunstkritiker der Tageszeitung Die Zeit; anschließend wirkte er bis 1912 als Assistent am Kunsthistorischen Institut der Universität Wien. Durch die Beschäftigung mit dem Maler Moritz von Schwind stieß er auf Franz Schubert, der fortan im Zentrum seiner wissenschaftlichen Tätigkeit stehen sollte. Deutsch begann Material über den Komponisten zu sammeln und veröffentlichte 1905 ein Schubert-Brevier. Daraus entwickelte sich der Plan zu einer umfassenden "Dokumentarbiographie", als deren erster Teil 1913 die Ikonographie Schubert. Sein Leben in Bildern erschien. Ein Jahr später folgten Die [Text-]Dokumente seines Lebens.

Nach dem Ersten Weltkrieg erwarb Deutsch die Buchhandlung Seidel & Sohn, der er eine Verlagssparte angliederte. Von 1926 bis 1935 arbeitete er als Bibliothekar in der Sammlung Anthony van Hoboken; danach war er als Privatgelehrter tätig. Aufgrund seiner jüdischen Abstammung von den Nationalsozialisten verfolgt emigrierte er 1939 nach Cambridge und arbeitete dort am British Union Catalogue, einem Verzeichnis aller vor 1800 erschienenen Musikdrucke in britischen Bibliotheken, mit. Daraus resultierte eine intensive Beschäftigung mit Georg Friedrich Händel. Daneben begann Deutsch mit der Erstellung des Thematischen Verzeichnisses der Werke Schuberts, das 1951 in der englischsprachigen ersten Auflage fertig vorlag.

1952 kehrte Deutsch, inzwischen britischer Staatsbürger, nach Österreich zurück und wurde Mitglied des Zentralinstituts für Mozartforschung bei der Internationalen Stiftung Mozarteum in Salzburg, zeitweise in Vorstandsfunktion. Vor der Publikation grundlegender Arbeiten über Mozart erschien 1955 als letzter Teil seiner Schubert-Dokumentation Die Erinnerungen seiner Freunde. 1964 folgte eine stark erweiterte Neuauflage der Dokumente seines Lebens, die den Auftakt für die unter der Ägide der Internationalen Schubert-Gesellschaft in Tübingen projektierte Neue Gesamtausgabe der Werke Schuberts bildete.

Eine revidierte Ausgabe des Thematischen Verzeichnisses war von Deutsch zwar projektiert worden, konnte aber von ihm nicht mehr verwirklicht werden. Sie wurde, nunmehr in deutscher Sprache, 1978 von der Editionsleitung der Neuen Schubert-Ausgabe und Werner Aderhold herausgegeben. Wenngleich die durchgehende chronologische Ordnung des Verzeichnisses einen grundlegenden Faktor darstellt, verzichtete man im Fall von Neudatierungen einzelner Werke größtenteils auf eine Umnummerierung, wie dies bei den Neuauflagen des Köchel-Verzeichnis für Mozart bedauerlicherweise geschehen war. Fast 40 Jahre später entspricht aber auch diese Ausgabe des Deutsch-Verzeichnisses, wiewohl unbestrittenes Standardwerk für die Beschäftigung mit Schuberts Schaffen, vielfach nicht mehr dem gegenwärtigen Stand der Forschung, sodass eine weitere Neufassung, diesmal als Schlusspunkt der Neuen Gesamtausgabe, angedacht ist.

Archiv der Objekte des Monats 2017