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Objekt des Monats September 2017: "Festspieltournee 86" (Falco)

"Falco Festspieltournee '86", Print/Loseblattsammlung in Plastikschnellhefter, 1986 (Umfang 21 A4-Seiten). Künstler: Falco (Hans Hölzel). Wienbibliothek im Rathaus, Sammlung Edek Bartz, Handschriftensammlung

Das "Objekt des Monats" ist im September 2017 ein spezielles, direkt aus dem Leben eines berühmten Musikers gegriffenes. Es handelt sich um eine Mappe mit weithin profanen, en detail aber signifikanten und aussagekräftigen Notizen, Anweisungen, Programmabläufen, Requisiten- und Hotellisten für eine "Festspieltournee" vom 8. bis 14. August 1986, die dem Wiener Popstar Falco – damals auf dem Höhepunkt seiner Popularität –, seinen Mitmusikern und seiner Entourage als Arbeitsunterlage diente. Die Mappe ist eine Schenkung des Wiener Musikmanagers und Veranstalters Edek Bartz, der diese Tournee als Tourbetreuer und Koordinator begleitete.

Die Vita von Hans Hölzel alias Falco

Falco, bürgerlich Johann "Hans" Hölzel, wurde am 19. Februar 1957 in Wien in kleinbürgerlichen Verhältnissen geboren. Als Schulabbrecher schien zunächst keine große Karriere in Aussicht, als junger Kommerzmusiker mit ausgeprägtem Selbstdarstellungsdrang gelang ihm dennoch rasch der Anschluss an die Wiener Szene. Bands wie die Hallucination Company oder Drahdiwaberl wurden zum Absprungbrett Richtung Solo-Karriere, für die der ostdeutsche Skiflieger Falko Gotterer als Namensgeber diente. "Ganz Wien" war ein erster Szene-Hit, "Der Kommissar", produziert vom kongenialen Robert Ponger, wurde zu einem Überraschungserfolg, selbst in den USA. 1986 gelang es Falco mit "Rock me Amadeus" als bisher einzigem heimischen Musiker die Spitze der US-Charts zu erklimmen und, nach der Trapp-Familie und dem "Dritten Mann", ein moderneres, popigeres Österreich-Bild im allgemeinen Bewusstsein zu verankern. Dazu trugen auch zahlreiche kleinere, aber immer noch substantielle Erfolge wie "Jeanny" oder "Vienna Calling" bei.

Falco wurde oft missverstanden und falsch eingeordnet: Man sah in ihm einen Adepten der Neuen Deutschen Welle oder einen frühen deutschen Rap-Star. In Wahrheit war Falco ein genialer Eklektizist, der den Zeitgeist erspüren und in hochverdichtete sprachliche Vignetten fassen konnte. Das deutsch-englische Pidgin verlieh seinen Texten ein glamouröses Globalkolorit, sodass sie weit über die behäbigen Provinzpossen des damals bereits saturiert gewordenen Austropop hinauswachsen ließ. Dennoch ebbte der Erfolg des Künstlers Ende der achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts deutlich ab; auch einzelne Höhepunkte wie das mythenumrankte Live-Konzert auf der Donauinsel 1993 konnten nicht darüber hinwegtäuschen. Am 6. Februar 1998 starb Falco nahe seines selbstgewählten Auslandsdomizils Puerto Plata in der Dominikanischen Republik.

Die Falco-Tourneen 1986

Die im vorliegenden "Objekt des Monats" – in der Musikszene Tourrider genannt –  rein sachlich thematisierte sogenannte "Festspieltournee" fand im August 1986 statt. Sie umfasste nur wenige – insgesamt fünf – Termine in Österreich und Südtirol (Mörbisch, Salzburg, Velden, Bozen und Bregenz; später kam noch Gmunden dazu) und war als Auftakt für eine weit größere Welttournee im November und Dezember 1986 gedacht, die über die Städte Wien, Graz und Linz nach Deutschland, in die Schweiz und nach Ungarn führte (insgesamt über 30 Termine); dann schlossen sich mehrere Termine in Japan an. Die Besprechungen im Vorfeld fanden bereits im April statt, sodass einige Termine gestrichen, andere dazugenommen wurden – die vorliegenden Unterlagen geben nur einen Planungszwischenstand wieder.

Auf dem Papier des bekannten Medienmanagers Hans Mahr (KronenZeitung, später RTL u.a.) werden verschiedenste Details angerissen und – oft nur vage – festgehalten. Die Teilnehmerliste der Besprechung am 18. April 1986 umfasst Falco, Edek Bartz, den Wiener Tourveranstalter Jeff Maxian, den Bandleader Peter Vieweger, Mahr selbst und einige Roadies und technische Experten. Bartz und Vieweger werden beauftragt, mit dem Wiener Tanztheater unter Leitung von Liz King Gespräche über deren Mitwirkung zu führen. Edek Bartz erinnert sich: "Man musste optisch etwas machen, man hat sich immer an eine Austropop-Show erinnert gefühlt. Liz King, die damals relativ frisch in Wien war, hat dann mit ihren Tänzern eine Art Choregraphie eingebaut. Dadurch ist es optisch doch noch eine passable Sache geworden; der Erfolg war riesig." Der Probenbeginn für die Herbst-Tour wurde mit 20. September festgesetzt.

There’s no business like show business

Das Falco-Tourprogramm Mitte der achtziger Jahre umfasste alle Hits der ersten drei Alben, interessanterweise wird das vierte Album "Emotional" (erschienen im Oktober 1986) noch recht stiefmütterlich behandelt. Von "Ganz Wien" bis "Jeanny", von "Amadeus" bis "Junge Römer" zeigt die Show eine vorhersehbare Setlist. "Seine Stärken waren die kurzen, fetzigen Text-Geschichten", merkt Edek Bartz an. "Die holländischen Produzenten Bolland & Bolland drängten ihn aber in eine mehr elegische Richtung. Man hat Falco von seinem starken Sprachwitz weg in Richtung Schlager getrieben; zugleich hat sich der Künstler immer mehr von der Musik entfernt und auf die mediale Seite konzentriert."

Aufgefangen haben Falco ein Team professioneller Musiker, die er zum Teil bereits aus Jugendtagen oder Kommerzbands wie Spinning Wheel kannte – Peter Vieweger (Gitarre), Helmut Bibl (Gitarre), Thomas Rabitsch (Keyboards), Wolfgang Brezina (Keyboards), Robert Pistracher (Bass), Bernhard Rabitsch (Trompete) und Othmar Klein (Saxophon). Dazu kam der deutsche Schlagzeuger Curt Cress. Die Bühnengröße von mindestens 14 Metern Breite und Tiefe benötigte zwei Stiegen, in Falcos Garderobe – die Band hatte eine eigene – mussten mindestens acht Personen passen. Der Verpflegungsplan (Hospitality Rider) erscheint aus heutiger Sicht relativ bescheiden. Die Handtücher in der Garderobe hatten jedenfalls, wenig überraschend, gewaschen zu sein. Für Gesellschaftsreporter interessant: Falcos Festspieltournee 1986 wurde noch von Isabella Vitkovits, der Mutter seiner vermeintlichen Tochter, begleitet.

Autor: Walter Gröbchen

Links

http://de.wikipedia.org/wiki/Falco
http://www.falco.at (Falco Stiftung)
http://www.wienbibliothek-digital.at/ausstellung/drahdiwaberl/
www.geschichtewiki.wien.gv.at/Falco

Literatur

Peter Lanz: Falco – die Biografie; Ueberreuter Verlag, Wien 2013.
Günter Brödl (Hg.), Die guten Kräfte. Neue Rockmusik in Österreich. Hannibal Verlag, Wien 1982.
Walter Gröbchen (Hg.), Heimspiel. Eine Chronik des Austropop. Hannibal Verlag, Wien 1995.
Gröbchen/Miessgang/Obkircher/Stöger: WienPop. Fünf Jahrzehnte Musikgeschichte erzählt von 130 Protagonisten. Falter Verlag, Wien 2014.
Rudi Dolezal mit Joesi Prokopetz; "Austropop – das Buch", Bosworth Edition, Wien 2015.
Georg Demcisin: Drahdiwaberl. In: Oesterreichisches Musiklexikon. Band 1, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2002.

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