Am Karfreitag, 29. März, ist die Bibliothek geschlossen. Ab Dienstag, 2. April, sind wir wieder für Sie da!

Bestandsumsiedelung
Ab 2. April 2024 wird ein Teil unserer Bibliotheksbestände in ein Außendepot übersiedelt. Diese Bestände stehen deshalb für rund zwei Monate leider nicht zur Verfügung und können in dieser Zeit auch nicht bestellt werden. Sie erkennen die nicht verfügbaren Bestände an der Kennzeichnung "Außendepot – wegen Übersiedlung derzeit nicht bestellbar" in unserem Katalog. Wir bitten um Ihr Verständnis!

Sie sind in:

Sie sind hier

Objekt des Monats Oktober 2021: "Vienna Austriae", die älteste Wiener Stadtgeschichte

Historische Beschreibung der Weitberümbten, Kayserlichen Hauptstatt Wienn, Titelseite, B-5885, 1619, Wienbibliothek im Rathaus

Vor genau 800 Jahren, am 18. Oktober 1221 gewährte der Babenberger-Herzog Leopold VI. Wien das Stadtrecht. Damit wurde der Wiener Bürgerschaft nicht nur mehr politische und rechtliche Verantwortung übertragen, sondern die Stadt profitierte dank des damit verbundenen Stapelrechts auch wirtschaftlich. Wir nehmen diesen Jahrestag zum Anlass, um die älteste erhaltene Stadtgeschichte Wiens als Objekt des Monats Oktober zu präsentieren.

Wolfgang Lazius (1514 – 1565)

1546 veröffentlichte Wolfgang Lazius in Basel sein lateinisch abgefasstes vierbändiges Werk "Vienna Austriae". Der Autor war einer der bedeutendsten Vertreter des Späthumanismus in Wien. Seine Familie war im Wiener Intellektuellen-Milieu, aber auch politisch bestens vernetzt: Schon der Vater des Wolfgang Lazius, Simon Lazius, war Dekan der medizinischen Fakultät der Universität Wien gewesen und sein Onkel Hermes Schallautzer, der Halbbruder seiner Mutter Ottilie, war Wiener Bürgermeister. Mit ihm teilte Lazius die Liebe zur Archäologie und lateinischen Epigraphik.

Der junge Mann hatte also die besten Voraussetzungen für eine vielversprechende wissenschaftliche Karriere. An Hochschulen in Wien und Ingolstadt sowie auf ausgedehnten Reisen erwarb er eine umfassende Bildung. Wolfgang Lazius entsprach damit geradezu idealtypisch dem Bild eines Universalgelehrten. Kaiser Ferdinand I. machte ihn zu seinem Leibarzt und ernannte ihn zum Hofhistoriographen und Leiter der kaiserlichen Antiquitäten- und Münzsammlungen. Lazius unterrichtete Chirurgie, Anatomie, theoretische und praktische Medizin an der Universität Wien und war achtmal Dekan der medizinischen Fakultät.

„Vienna Austriae“

Wolfgang Lazius‘ historische Bedeutung liegt aber zweifellos auf dem Gebiet der Kartographie und vor allem in der Geschichtsschreibung. Sein Opus Magnum, eine Geschichte der österreichischen Erblande, konnte er zwar nicht abschließen, doch seine Stadtgeschichte "Vienna Austriae" blieb jahrhundertelang das Standardwerk zur Wiener Geschichte. Bei der Erstellung der Abhandlung griff Lazius zwar auf alle ihm zur Verfügung stehenden historischen Quellen zurück, doch mutet der Text über weite Teile - wenn keine verlässlichen Quellen vorlagen - recht phantastisch an und wurde zum Ursprung mancher Irrtümer, wie die spätere Forschung festgestellt hat. So datiert er beispielsweise die Stadterhebung Wiens um das Jahr 1200. Der deutsche Literaturwissenschaftler Kai Kauffmann weist in seiner 1994 publizierten Dissertation außerdem darauf hin, dass Lazius in "Vienna Austriae" immer wieder auf seine Gegenwart referenziert und das Werk daher durchaus auch als "Stadtlob" gelesen werden könnte.[1]

1546, im Jahr, in dem "Vienna Austriae" erschienen ist, wurde Wolfgang Lazius von seinem Förderer, Ferdinand I., in den Ritterstand erhoben, wie der Autor selbst am Ende des zweiten Buches nicht ohne Stolz berichtet[2].

Übersetzung durch Heinrich Abermann (1583 – 1621)

Eine weitere Verbreitung fand die Stadtgeschichte 1619 durch die Übersetzung von Heinrich Abermann unter dem Titel: "Historische Beschreibung der Weitberümbten, Kayserlichen Hauptstatt Wienn In Österreich, darin derselben vrsprung Adel, Obrigkait, vnd geschlächter außführlich erklärt werden". Die Auflage von 600 Stück war schnell vergriffen. Der Übersetzer war selbst als Professor für griechische Sprache wissenschaftlich tätig. Er war Rektor der Universität und der Bürgerschule zu St. Stephan.

Auch an Heinrich Abermann erinnert heuer ein Gedenktag: Er starb vor 400 Jahren, am 21. April 1621."Auff grosses Verlangen", wie es gleich auf der Titelseite heißt, erschien 1692 eine kaum veränderte Neuauflage der Übersetzung. Das Frontispiz zeigt den aktuellen Herrscher Leopold I. in einem Portraitmedaillon, darunter die Ansicht der Stadt Wien. 

Die Wienbibliothek im Rathaus besitzt vier Exemplare der Erstausgabe von "Vienna Austriae" (1546), drei Exemplare der Übersetzung von 1619 sowie vier Exemplare der Ausgabe von 1692.

[1] Kai Kauffmann: "Es ist nur ein Wien!" Stadtbeschreibungen von Wien 1700 – 1873. Wien: Böhlau 1994, S. 47

[2] Wolfgang Lazius: Vienna Austriae ... 1546, S. 78 und Übersetzung von Heinrich Abermann "Chronica oder Historische Beschreibung über Weitberühmten Kayserlichen hauptstadt Wienn ... 1692, S. 56

Quellen

  • Stefan Donecker, Petra Svatek, Elisabeth Klecker [Hrsg.]: Wolfgang Lazius (1514 – 1565). Geschichtsschreibung, Kartographie und Altertumswissenschaft im Wien des 16. Jahrhunderts. Wien: Praesens Verlag 2021
  • Kai Kauffmann: "Es ist nur ein Wien!" Stadtbeschreibungen von Wien 1700 bis 1873. Geschichte eines lterarischen Genres der Wiener Publizistik. Wien [u. a.]: Böhlau 1994
  • Hertha Wohlrab: Heimatkunde und Bezirksgeschichte. Entwicklung – Persönlichkeiten – Publikationen. In: Verein für Geschichte der Stadt Wien [Hrsg.]: Wiener Geschichtsblätter. Wien: Verlag für Jugend und Volk, Beiheft 1 (1981), Nr. 2, S. 3 f.
  • Heinrich Fichtenau: Wolfgang Lazius und das älteste Wiener Stadtrecht. In: Verein für Geschichte der Stadt Wien [Hrsg.]: Wiener Geschichtsblätter. Wien: Verlag für Jugend und Volk, 5 (65.) Jahrgang 1950, Nr. 2, S. 31 ff.

Links in die Digitale Bibliothek

Archiv der Objekte des Monats 2021

 

Zur Katalogübersicht

Digitale Bibliothek
Digitale Sammlungen

Wien Geschichte Wiki

Wien Geschichte Wiki

Multimedia Galerie
Sujet Drahdiwaberl