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DER VORLASS DES WIENER JAZZ-VISIONÄRS FRANZ KOGLMANN IN DER WIENBIBLIOTHEK IM RATHAUS

Presseinformation 23. Jänner 2025

Franz Koglmann © privat; Don’t Play, Just Be: Auftragswerk für das Klangforum Wien

Die Wienbibliothek im Rathaus hat mit dem Vorlass des Komponisten und Musikers Franz Koglmann zentrale Materialien zur Jazz-Avantgarde Wiens in ihre Sammlungen übernommen. Originalmanuskripte zu 30 Werken, eine umfangreiche Sammlung von Skizzenbüchern und Typoskripten schaffen eindrucksvolle Einblicke in die Arbeitsweise des Visionärs. Mit Stücken zwischen Improvisation und klassischer Komposition erweitert Koglmann seit über 50 Jahren seine individuelle Klangpalette. Beim Konzert „An Affair with Strauss“, das im Rahmen der Reihe „Electric Strauss“ stattfindet, ist Franz Koglmann gemeinsam mit dem Kontrabassisten Peter Herbert zu erleben.

„Franz Koglmann ist zentraler Visionär und Motor der Wiener Jazz-Szene“, betont Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler. „Sein Werk bleibt allerdings nicht auf den Jazz beschränkt, vielmehr gelingt ihm ein permanentes Überschreiten von Genre- und Zuschreibungsgrenzen – hier treffen Schlagwörter wie Jazz, New Jazz, Improvisation oder E-Musik gleichwertig zu. Durch den Erwerb zentraler Werke und Dokumente Koglmanns für die Sammlungen der Wienbibliothek im Rathaus wird ein bedeutender Aspekt der musikalischen Avantgarde-Geschichte der Stadt für ein Publikum wie Forschende gleichermaßen zugänglich gemacht.“

MUSIKALISCHE GRENZÜBERSCHREITUNGEN

Schon bald nach dem Trompeten- und Jazzstudium am Wiener Konservatorium gelang dem 1947 geborenen Franz Koglmann der internationale Anschluss. Musikalische Grenzüberschreitungen standen schon damals im Zentrum seines Schaffens. Bei einem Aufenthalt in den USA konnte Koglmann den Sopransaxophonisten Steve Lacy und den Trompeter Bill Dixon für jeweils eine Plattenproduktion gewinnen, die er auf seinem eigenen, 1973 gegründeten Label Pipe Records veröffentlichte. wienbibliothek.at 2 Er gründete unterschiedliche Formationen (1983 das „Franz Koglmann Pipetet“, 1986 das „Franz Koglmann Pipe Trio“, 1990 das „Monoblue Quartet“) und trieb so die Entwicklung der (heimischen) Jazz-Avantgarde in den verschiedensten Besetzungen voran.

Bild: Aus dem Programmheft des Festivals „ex tempore“ 1982


Als Vertreter des Thirdstream – einer Verbindung von Improvisation und klassischer Komposition, die darauf zielt, den Klischees beider Musikgestaltungsmethoden zu entkommen – stellte er seine einflussreiche Position im Übergangsbereich von Jazz und Neuer Musik seit Mitte der 1970er Jahre bei Auftritten unter Beweis, darunter bei den Wiener Festwochen, dem steirischen herbst oder den Donaueschinger Musiktagen, hinzu kamen Tourneen in den USA und Großbritannien. Koglmann setzte aber auch im szenischen Bereich nachhaltige Akzente, so mit seiner auf T.S. Eliots »The Waste Land« basierenden Darstellung einer eskapistischen Verdrängungsgesellschaft oder der im Rahmen der Wiener Festwochen uraufgeführten Oper „Join!“, die sich mit Vermarktungsstrategien und deren Umsetzung in einem großen Konzern auseinandersetzt. (Bild: Aus dem Programmheft des Festivals „ex tempore“ 1982)

NETZWERKER UND VERANSTALTER

Koglmann ist nicht nur als ausführender Musiker von Bedeutung, er betätigte sich früh als Netzwerker und Veranstalter: Gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Ingrid Karl organisierte er ab 1978 in der Galerie nächst St. Stephan Konzerte zeitgenössischer Musik, ab 1982 war er Berater und Workshop-Leiter der von Karl gegründeten Wiener Musik Galerie. Diese Initiative organisierte jährliche Festivals mit internationaler Beteiligung und legte damit den Grundstein einer lebendigen Jazz- und Improvisationsszene. Zahlreiche Auszeichnungen, darunter der Musikpreis der Stadt Wien (2001) sowie das Österreichische Ehrenzeichen und Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst (2019), unterstreichen Koglmanns herausragende Position im Wiener Musikleben.

DER VORLASS KOGLMANN

„Seit einigen Jahren erweitert die Wienbibliothek im Rathaus ihren bedeutenden Bestand historischer Musikalien durch den Aufbau eines populärkulturellen Archivs. Es sammelt Vor- und Nachlässe sowie Konvolute an Materialien zeitgenössischer Musikschaffender der Stadt. Die 'Musikstadt Wien' kann somit als moderne, multikulturelle und international vernetzte Metropole erkundet werden. Ich freue mich, dass bedeutende Dokumente aus Franz Koglmanns umfassenden Schaffen nun Teil des Archivs sind", so Anita Eichinger, Direktorin der Wienbibliothek im Rathaus. Zentrale Stücke des Bestands sind die Originalmanuskripte Koglmanns zu 30 seiner Werke. Weiters eine umfangreiche Sammlung an Skizzenbüchern, die eindrucksvolle Einblicke in seine Arbeitsweise geben. Aus den 1980er Jahren hat sich ein als „Journal“ bezeichnetes handschriftliches Tagebuch erhalten, das neben Persönlichem auch allgemeine Ausführungen zum Wiener Musikbetrieb und zum eigenen Komponieren und Musizieren enthält.

Da Franz Koglmann seit gut 20 Jahren mit einer Musiknotationssoftware am Computer arbeitet, sind viele seiner Werke im Vorlass als Computerdateien vorhanden – diese Hybridität der Materiallage kann für die Forschung ebenfalls von großem Interesse sein. Demgegenüber geben Typoskripte aus früheren Schaffensperioden Einblicke in Koglmanns essayistische und journalistische Arbeit.

DIE SAMMLUNG WIENER MUSIK GALERIE

Gemeinsam mit dem Koglmann-Vorlass hat die Wienbibliothek im Rathaus die Sammlung Wiener Musik Galerie übernommen. Damit sind umfangreiche Materialien zur Geschichte einer Initiative gesichert, die 1982 angetreten ist, in der „Musikweltstadt Wien mit ihrem vornehmlichen Interpretenkult“ und ihrer „hochkulturellen Rollenverteilung“ eine Plattform für „aktuelle Tendenzen in der gegenwärtigen Musik wie New Jazz oder Improvisationsmusik“ zu schaffen. Die Wiener Musik Galerie ebnete den nachfolgenden großen Festivals zeitgenössischer Musik die Wege zum Publikum und zu neuen programmatischen Ansätzen. Bis 2016 bot die Wiener Musik Galerie der nicht kommerziellen Musik zwischen Jazz, Improvisation und Neuer Musik im Rahmen von Festivals und Workshops eine international wahrgenommene Plattform.

Franz Koglmann im Wien Geschichte Wiki > hier

Sammlung Wiener Musik Galerie im Wien Geschichte Wiki > hier

VERANSTALTUNGSHINWEIS:

KONZERT UND GESPRÄCH:

Electric Strauss. Der Walzerkönig im 21. Jahrhundert

Erstes Konzert: An Affair with Strauss

DO, 6. Februar, 18.30 Uhr
Lesesaal der Wienbibliothek im Rathaus
Rathaus, Eingang Lichtenfelsgasse,
Stiege 6 (Glaslift), 1. Stock, 1010 Wien

Mehr Informationen und Anmeldung hier

Begrüßung: Anita Eichinger (Direktorin Wienbibliothek im Rathaus)

Musik: Franz Koglmann (Trompete und Flügelhorn), Peter Herbert (Kontrabass)

Moderation: Thomas Mießgang (Journalist und Radiomacher)

Der Wiener Trompeter und Komponist Franz Koglmann interpretiert gemeinsam mit dem Kontrabassisten Peter Herbert eine aufs Wesentliche reduzierte Version seines Albums „An Affair with Strauß“ (1999), die unter anderem Motive aus der „Fledermaus“ verarbeitet und Johann Strauss ins Genre des Chamber Jazz teleportiert.

RÜCKFRAGEHINWEIS:

Wienbibliothek im Rathaus | Presse

Mag.a Valerie Besl
vielseitig ||| kommunikation
m: +43 664 8339266
valerie.besl@vielseitig.co.at

www.wienbibliothek.at

> Hier können Sie die Presseinformationen als pdf downloaden.

Bild 1: Honorarfrei verwendbar ausschließlich im Zusammenhang mit der Berichterstattung zu Franz Koglmann / Vorlass Wienbibliothek im Rathaus und der Nennung © Reinhard Öhner

Bilder: Franz Koglmann © privat; Don’t Play, Just Be: Auftragswerk für das Klangforum Wien

Honorarfrei verwendbar ausschließlich im Zusammenhang mit der Berichterstattung zu Franz Koglmann / Vorlass Wienbibliothek im Rathaus und der Nennung © Reinhard Öhner
Château de Bouges (1990): Komposition der Sammlung „The Use of Memory”, uraufgeführt bei den Donaueschinger Musiktagen 1990
Don’t Play, Just Be: Auftragswerk für das Klangforum Wien
Programmheft des Festivals „ex tempore“ 1982, veranstaltet von der Musik Galerie Wien
Programmheft des Festivals „ex tempore“ 1982 (Musik Galerie Wien): Eintrag zum Auftritt Franz Koglmanns
Aus dem Programmheft des Festivals „ex tempore“ 1982