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Objekt des Monats August 2017: Schwammerlkochbuch

Illustrierte Schautafel von essbaren Pilzen und Schwämmen aus Katharina Pratos "Süddeutscher Küche", WBR

Pilze oder "Schwammerl", wie sie in Österreich und in historischen Kochbüchern genannt werden, haben jetzt Hochsaison – vorausgesetzt, das Wetter ist nicht zu trocken. Auch in der umfangreichen Kochbuchsammlung der Wienbibliothek im Rathaus zeigt sich der enorme Stellenwert von Schwammerln in der heimischen Küche. In vielen Kochbüchern finden sich Rezepte, aber es gibt auch spezielle "Schwammerl-Kochbücher", wie etwa das der deutschen Herrschaftsköchin Marie Buchmeier (A-204386).

Die Zubereitung von Schwammerln hat eine lange Tradition. So kennen Menschen in waldreichen Gegenden essbare Schwammerl seit Jahrtausenden und nützen dieses "Fleisch der Wälder" als Nahrungsquelle. Auch wenn sie nicht genügend hochwertiges Eiweiß enthalten, um tatsächlich tierische Nahrungsmittel ersetzen zu können, waren sie dennoch fixer Bestandteil der bäuerlichen Küche. Von Generation zu Generation wurden die für das Schwammerlnsuchen notwendigen praktischen Kenntnisse ebenso wie die regionalen Zubereitungsarten vorwiegend mündlich weitergegeben. Dementsprechend sind nur wenige bäuerliche Rezepte überliefert.

Im 19. Jahrhundert wuchs das grundsätzliche Interesse an Schwammerln und so entstanden entsprechende – meist illustrierte – Publikationen, die es den Leserinnen und Lesern ermöglichen sollten, essbare Schwammerl zu identifizieren. Wie groß der Aufklärungsbedarf war, zeigen die damals noch ernsthaft diskutierten "Methoden" zur Unterscheidung von essbaren und giftigen Schwammerl: Manche Autorinnen und Autoren raten, einen Silberlöffel mitzukochen. Sollte sich dieser schwarz färben, wäre ein giftiges Schwammerl im Kochtopf. Andernorts wird empfohlen, statt des Löffels eine Zwiebel zu verwenden, auch sie dürfe sich nicht verfärben. Sehr praktisch wäre es zudem, die Schwammerl in essig- und salzhaltigem Wasser zu kochen, wodurch ihnen das Gift entzogen würde.

Eine völlig andere Rolle spielten Schwammerl in der "bürgerlichen" und "herrschaftlichen" Küche. Oft wurden sie hier nur als würzende oder optisch ansprechende Zutat verwendet – und im Fall von Trüffeln wohl auch aus Prestigegründen. Für die Landbevölkerung waren Schwammerln jedenfalls eine zusätzliche Einnahmequelle. Um möglichen Vergiftungen vorzubeugen, regelte im 19. Jahrhundert die Behörde, welche auf den städtischen Märkten verkauft werden durften.

Bei unserem Objekt des Monats handelt es sich um die 56. Auflage von Katharina Pratos (1818 – 1897) "Süddeutscher Küche", das erstmalig 1858 erschienen ist. Es stellt das am weitest verbreitete Kochbuch der österreich-ungarischen Monarchie dar und enthält Rezepte, die "verschiedenen Verhältnissen Rechnung tragen", wie es im Vorwort heißt. Das Buch richtet sich an Kochanfängerinnen, weswegen die Warenkunde sehr viel Platz einnimmt. Auffallend ist hierbei die illustrierte Schautafel von Schwammerln, die mit kurzen Beschreibungen, Hinweisen, wo und wann diese zu finden sind, sowie Grundsätzlichem zum Reinigen und Konservieren von Schwämmen aufwartet. Wie vielfältig Schwammerln in der Küche eingesetzt werden können, zeigt sich an der Bandbreite der Rezepte: sie reicht von verschiedenen Schwammerlsuppen und -saucen über gebackene, gefüllte und gedünstete Pilze bis hin zu Schwammpüree und Schwammerlnockerln. Zudem treten Champignons und Trüffel als würzende Zutat für praktisch alle Fleischarten prominent hervor.

Nach wie vor ist das Suchen und Zubereiten von Schwammerln im Wiener Raum eine beliebte Tätigkeit. Wer sich aber dennoch nicht sicher ist, ob ein Schwammerl auch wirklich kulinarischen Genuss bereitet, kann das Fundgut jeden Montag bei der zentralen Pilzberatungsstelle des Markamtes begutachten lassen.

Quellen

  • Helga Haas: Von Mauracheln und krausem Ziegenbart. Pilzgerichte in Kochbüchern auch zwei Jahrhunderten bis 1918. Wien: Mandelbaum, [2015] (A-342468)
  • Katharina Prato: Die gute alte Küche. Neu editiert und kommentiert von Christoph Wagner. Wien: Pichler, 2006 (A-285965)
  • Katharina Prato: Die Süddeutsche Küche. Für Anfängerinnen und praktische Köchinnen. Graz / Wien: Styria 1916 (A-210049)
  • Hans Ziegenbein / Julius Eckel: Was koche ich heute? Wien: Wehle & Höfels, 1931 (B-210052)

Historische Kochbücher in der Digitalen Bibliothek

  • Bildungsanstalt für Koch- u. Haushaltungsschullehrerinnen: Gemüsekochbuch der k.k. Gartenbaugesellschaft in Wien. Wien: Heller, 1915 (A-301891)
  • Ida Bock: Die Kochkiste. Selbstanfertigung, Behandlung, Rezepte. Wien / Leipzig: Gerold, 1918 (A-118423)
  • Laura Bubna-Littitz: Kochrezepte ohne Fett und möglichster Eierersparnis : alle für sechs Personen berechnet. Wien: Mayer, 1916 (A-64105)
  • Marie Buchmeier: Neues Pilz- oder Schwammerl-Kochbuch  : 218 Originalrezepte für Schwammerlsuppe, Schwammerlklöße, Saucen, Pürees, Eier-, Fleisch- und Fisch-Speisen, Gemüse u.s.w. : mit einer Beschreibung und 37 farbigen Abb. der eßbaren und giftigen Schwämme. Regensburg  : J. Habbel , [ca. 1900] (A-204386)
  • Rosa Maria Confessa [Hg.]: Kriegskochbuch. Wien : Selbstverl. der Reichsorganisation der Hausfrauen Österreichs, 1915 (G-61101)
  • Dörrt Gemüse und Obst! : [Dörr-Anweisung für Haushalt-Dörren] / ROHÖ - Reichsorganisation der Hausfrauen Österreichs [Wien]: Reichsorganisation der Hausfrauen Österreichs, [ca. 1917] (E-326820)
  • Mary Hahn: Kriegs-Kochbuch. Wernigerode i. Harz : Hahn, 1916 (A-122480)
  • Friedrich Hampel: Lucullus. Ein Handbuch der Wiener Kochkunst. Wien: Lechner, 1915 (A-60101)
  • Helene Klingemann: 125 neue Gemüse-, Pilz- und Tomaten-Gerichte unserer Zeit : praktisch erprobte Anweisungen für den deutschen Haushalt. Chemnitz : Focke, 1917 (A-122641)
  • Paula Kortschak [Hg.]: Kartoffelküche : Sammlung praktisch erprobter Rezepte für den einfachsten und feinsten Haushalt. Graz: Moser, 1918 (A-122653)
  • Karl Joseph Kreutzer: Beschreibung und Abbildung der eßbaren Schwämme - Neue Auflage . - Wien  : L. W. Seidel , 1849 (A-204386)
  • Ida Schuppli / Betty Hinterer: Das Einkochen der Früchte ohne und mit wenig Zucker : nebst einer Anleitung zum Dörren, Einsäuern und Einwintern von Obst und Gemüsen und zum Konservieren von Fleisch. Wien: Deuticke 1918 (A-64100)
  • Marianne Stern:  Kriegskochbuch der Frauenzeitschrift "Wiener Mode". Wien: Gesellschaft für graphische Industrie, 1915 (A-60643)
  • Marianne Stern: Zeitgemäße Kriegsküche : Obst- und Gemüse-Rezepte. Wien: Stern, 1918 (A-122448)
  • Unsere Kriegskost : 290 erprobte österreichische Kriegskochrezepte unter Berücksichtigung der kriegswirtschaftlichen Verhältnisse und Forderungen neu zusammengestellt. Wien: St. Stefan, 1916 (A-62000)

Archiv der Objekte des Monats 2017