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Teilnachlass Oskar Maurus Fontana
Im Oktober 2009 erwarb die Handschriftensammlung der Wienbibliothek im Rathaus einen Teilnachlass des österreichischen Schriftstellers, Kritikers und Journalisten Oskar Maurus Fontana (1889–1969). Der vier Archivboxen umfassende Bestand (ZPH 1475) gehörte als Kryptonachlass zur Verlassenschaft des früheren Generalsekretärs des Österreichischen Schriftstellerverbands Paul Wimmer (ZPH 1473), der sich nach Fontanas Tod offenbar als Verwalter von dessen literarischem Nachlass engagiert hat. Besondere Beachtung verdient dieser Teil von Fontanas Vermächtnis aus literarhistorischer Sicht, schließlich ist mit dem Drama "Das Märchen der Stille" (Berlin 1910), der Komödie "Die Milchbrüder" (ebd., 1913), dem Schauspiel "Marc" (Leipzig 1918), dem berühmten Roman "Erweckung" (ebd., 1919) sowie der Novellensammlung "Empörer" (Wien 1920) fast das gesamte expressionistische Frühwerk Fontanas in unikalen Manuskripten vertreten. Zu diesem Bestand gehören auch die vom Autor akribisch überarbeiteten Fahnen des Romans "Erweckung", mit der handschriftlichen Anmerkung Kurt Wolffs "an Verf." auf dem Schmutztitel. Dass dieses Werk des damals 30jährigen Schriftstellers in jenem Verlag erschien, der den literarischen Expressionismus so nachhaltig prägte, zeugt nur von der Bedeutung Fontanas, der spätestens mit Herausgabe der Anthologie "Die Aussaat" (Konstanz 1915) zum Wegbereiter dieser künstlerischen Bewegung in Österreich geworden war.
Außergewöhnlich ist auch die Briefhaltigkeit dieses Kryptobestandes, nicht nur wegen der zahlreichen prominenten Korrespondenzpartner wie Bruno Adler, Julius Bab, Otto Basil, Felix Braun, Rudolf Brunngraber, F. T. Csokor, Herbert Eulenberg, Willy Haas, Mela Hartwig, Carmen von Herzmanovsky-Orlando, Hermann Hesse, Clemens Holzmeister, Heinrich Eduard Jacob, Oscar Jellinek, Franz Jung, Alfred Kubin, Alexander Lernet-Holenia, Lina Loos, Ernst Lothar, Katia Mann, Thomas Mann, Viktor Matejka, Max Mell, Erika Mitterer, Walter von Molo, Franz Nabl, Karl Otten, Paul Raabe, Heinrich Schnitzler, Carl Seelig, Josef Luitpold Stern, Viktor Suchy, Adrienne Thomas, Friedrich Torberg, Rudolf Weys und Friderike Maria Zweig. Zudem dokumentieren gleich mehrere Konvolute von Briefen Oskar Maurus Fontanas an Hermann Hesses dritte Ehefrau Ninon aus den Jahren 1930 bis 1966 deren intensive Freundschaft. Ein wahrer Fund ist darüber hinaus eine umfängliche Sammlung von Gedichten aus der Feder Theodor Kramers, die er Fontana zwischen 1946 und 1954 aus dem englischen Exil – teils in Originaltyposkripten und mit kommentierenden Begleitschreiben – nach Wien schickte, um sie an Periodika wie die "Wiener Zeitung" zu vermitteln. Dieser äußerst wertvolle Bestand bildet eine schöne Ergänzung zum bereits im Jahr 1970 aus Familienbesitz erworbenen Nachlass Fontanas (ZPH 412).
Archiv der Neuerwerbungen 2010
- März 2010: "Der Weinjude" und andere rare Drucke des Josephinischen Jahrzehnts
- Februar 2010: Säbel, Feder, Grabstichel
- Jänner 2010: Bücher aus der Bibliothek von Franz Innerhofer