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Provenienzforschung

Der Wiener Gemeinderat beschloss in Entsprechung eines Bundesgesetzes für die Museen und Sammlungen des Bundes (Kunstrückgabegesetz 1998) im April 1999, Kunst- und Kulturgegenstände aus dem Bestand der Stadt Wien den ursprünglichen Eigentümern oder deren Rechtsnachfolgern bzw. dem Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus zu übereignen, die

  • Gegenstand eines Rechtsgeschäftes gemäß § 1 des Nichtigkeitsgesetzes waren und sich noch im Eigentum der Stadt Wien befinden,
  • Gegenstand von Rückstellungsverhandlungen waren und nach Kriegsende im Zuge eines Verfahrens über das Ausfuhrverbot von Sachen geschichtlicher, künstlerischer oder kultureller Bedeutung unentgeltlich in das Eigentum der Stadt Wien übergegangen sind,
  • nicht an ursprüngliche Eigentümer oder deren Rechtsnachfolger zurückgegeben werden konnten und als herrenloses Gut in das Eigentum der Stadt Wien übergegangen sind.

Da sich im Laufe der Provenienzforschung herausstellte, dass insbesondere der explizite Bezug auf das Bundesgesetz vom 15. Mai 1946 den Gemeinderatsbeschluss auf den Entziehungsort Österreich und einen Entziehungsbereich ab dem 13. März 1938 beschränkt, wurde dieser in der Sitzung vom 29. April 2011 ergänzt. Nunmehr verpflichtet sich die Stadt Wien explizit dazu, auch jene Kunst- und Kulturgegenstände zu restituieren, die

  • zwar rechtmäßig in das Eigentum der Stadt Wien übergegangen sind, jedoch zwischen dem 30. Jänner 1933 und dem 8. Mai 1945 in einem Herrschaftsgebiet des Deutschen Reiches außerhalb der heutigen Republik Österreich Gegenstand eines Rechtsgeschäftes oder einer Rechtshandlung waren, die Rechtsgeschäften oder Rechtshandlungen gemäß § 1 des Bundesgesetzes vom 15. Mai 1946 vergleichbar sind und sich noch im Eigentum der Stadt Wien befinden.

Seither haben die Wienbibliothek im Rathaus (früher: Wiener Stadt- und Landesbibliothek) sowie die Museen der Stadt Wien sämtliche Erwerbungen aus der NS-Zeit systematisch überprüft. 2.855 einzelinventarisierte Objekte und 24 Archivboxen aus der Wienbibliothek wurden bisher restituiert.

Die Wienbibliothek hat 2003 die erste internationale Tagung zum Thema Restitution von Bibliotheksgut unter dem Titel Raub und Restitution in Bibliotheken veranstaltet. 2008 fand die in Zusammenarbeit mit der Universitätsbibliothek Wien eine Tagung zum Thema Bibliotheken in der NS-Zeit statt.