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Objekt des Monats April 2020: I. Hochquellenleitung Wiens

Zum 21. April 1870

Eröffnung des Kaiserbrunnens, Illustration aus "Die I. Wiener Hochquellenwasserleitung", Festschrift, 1973

Bis weit in das 19. Jahrhundert waren Epidemien und Seuchen - vor allem in Gestalt von Typhus und Cholera - die ständige dissonante Begleitmusik der sich allmählich zur prachtvollen Großstadt auswachsenden Reichshaupt- und Residenzstadt Wien. So nimmt es nicht wunder, dass eines der wesentlichen Ziele, die mit der von Kaiser Franz Josef 1857 eingeleiteten Stadterweiterung einhergingen, die Verbesserung und Modernisierung urbaner Infrastrukturen wie etwa der Wasserversorgung darstellte, die bis dato nur über schwächelnde und unzureichend saubere lokale Wasserversorgungsanlagen bestritten wurde. 1861 wurden parallel zur Stadterweiterung die ersten konkreten Planungsarbeiten sowie ein internationaler Wettbewerb zur Erlangung eines neuen Wasserversorgungskonzepts für Wien durchgeführt, der vom Wiener Stadtbauamt und einer gemeinderätlichen Wasserversorgungskommission administriert wurde. Der ambitionierteste Plan, aus der Feder des italienischen Ingenieurs und Bauunternehmers Antonio Gabrielli, alpines Quellwasser in die Stadt zu leiten, setzte sich dabei durch.

Planung und Bau

Der Startschuss für die Errichtung der I. (Kaiser-Franz-Josef-) Hochquellenleitung fiel folgerichtig mit der Eröffnung der Wiener Ringstraße am 1. Mai 1865 zusammen, als der Kaiser die im Hofärar befindlichen Kaiserbrunnenquellen im Schneeberggebiet der Stadt Wien zum Geschenk machte - verbunden mit dem Auftrag, die Quellen zu fassen und das Wasser nach Wien zu leiten. Die Folgejahre waren einerseits geprägt von technischen Planungen der Trassen, andererseits musste die Gemeinde Wien den Eigentümern die Gründe für die weitläufigen Leitungsnetze ablösen, was vielfach auch von Rechtsstreitigkeiten und Widerständen begleitet war, wie ein umfassendes Konvolut an Dokumenten, das sich in der Wienbibliothek befindet, belegt.1

Am 21. April 1870 konnte nach erfolgtem Abschluss der Planungsarbeiten und Klärung der juristischen Fragen der Spatenstich zur I. Hochquellenleitung vorgenommen werden. Die Feierlichkeit, die gleichzeitig als Inauguration des Gesamtprojektes durch Kaiser Franz Josef gestaltet wurde, fand beim ersten Bauwerk der Wasserleitung in unmittelbarer Nähe zu Wien, nämlich beim Wasserspeicher am Rosenhügel, statt. Nach einer Ansprache des Kaisers setzte dieser unter Ovationen der zahlreichen Festgäste den Spatenstich. Nach einer Dankesrede des Bürgermeisters Cajetan Felder ließ sich der Monarch das Projekt erklären und schritt mit Felder und Mitgliedern der Wasserversorgungskommission den Bauplatz ab.

Von diesem Tagesereignis sprachen sämtliche Blätter. Einen eher ungewöhnlichen Beitrag lieferte in der Ausgabe vom 23. April 1870 die Zeitschrift Hans Jörgel, ein Blatt, das seit 1832 großteils im Wiener Dialekt verfasst, erschien. Der Herausgeber und Verfasser des Blattes, Anton Langer, widmete dem Spatenstich fünf Strophen eines Gedichtes, das auch die oft boshaften Hindernisse nicht verschweigt, die diesem zivilisatorischen Projekt entgegen gebracht wurden und die schwerer zu überwinden waren, als die Berge, über oder durch die die Leitung gebaut wurde. Langer setzt sein Festgedicht ganz unter die Hoffnung, dass mit dem guten Wasser bald auch die lange ersehnte und oft bedrohte Gesundheit für alle Bürgerinnen und Bürger in die Stadt einziehen werde.

Monumentalbrunnen im Rathauspark

Ein Nebenschauplatz der I. Hochquellenleitung ist im Wiener Rathauspark zu finden. Es war die Idee des Planers Gabrielli, den gelungenen Abschluss des Projektes, der 1873 zelebriert werden sollte, für alle Zeiten in Form eines Monumentalbrunnens, der sein Wasser aus der neuen Wasserleitung bezog, sichtbar zu machen. Um diesen Wunsch umso sicherer in die Tat umgesetzt zu sehen, verzichtete Gabrielli auf einen Teil seines Planungshonorars und stiftete den Betrag für den Brunnen, der im neuen angelegten Rathauspark gebaut werden sollte. Die Symmetrie der Anlage verlangte jedoch zwei Brunnen. Da diese nicht rechtzeitig zur Eröffnung der Wasserleitung 1873 fertiggestellt werden konnten, entschloss sich die Gemeinde im Einvernehmen mit Gabrielli, auf dem Schwarzenbergplatz einen architektonisch nicht gefassten Brunnen in Form mächtig aufschießender Wasserfontänen einzurichten. Die Brunnenanlage im Rathauspark wurde erst im Folgejahr errichtet und mit Hochquellwasser gespeist.

150 Jahre später, zwar lange nach Typhus und Cholera, aber in einer doch ernsten Zeit möge die Wienerinnen und Wienern in der verordneten häuslichen Zurückgezogenheit beim nächsten Schluck aus der Leitung Hans Jörgels Erkenntnis trösten "dass Wien doch das beste Wasser besitzt!"

1 Amtliche Verhandlungen und Aktenstücke in Bezg auf die 1. Wiener Hochquellenleitung, Druckschriftensammlung, B-3616

Frühe Quellen zur Wiener Wasserfrage in den Digitalen Bibliothek:

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