Am Freitag, 7. April (Karfreitag) hat die Bibliothek geschlossen.

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Unsere Aktivitäten

Die 1999 begonnenen Arbeiten konzentrierten sich in den ersten Jahren ausschließlich auf direkt von jüdischen Eigentümern erworbene Objekte, auf die Übernahme von beschlagnahmten Objekten und die mangelhafte Restitution entzogenen Eigentums nach 1945. Gerade im Kontakt mit anderen Bibliotheken und im internationalen Erfahrungsaustausch zur Provenienzforschung wurde bald klar, dass es Fälle geben könnte, die durch diese Recherche nicht erfasst werden. Die Wienbibliothek hat daher versucht, die Spuren von "herrenlosem Gut", das nicht über die üblichen Erwerbungsvorgänge in ihren Bestand kam, zu sichern. Drittens konzentrierten sich die Recherchen in den letzten Jahren auf die indirekte Erwerbung von Bibliotheksbeständen, die während der NS-Herrschaft geraubt worden waren und über Umwege in die Bibliothek gelangt waren. Dabei geht es um Spuren eines möglichen Raubs in "gutgläubig" erworbenen Werken.

In der Wienbibliothek ist Christian Mertens für die Aktivitäten in den Bereichen Provenienzforschung und Restitution zuständig. Diese Arbeiten umfassen Personenrecherchen im In- und Ausland, die Erstellung von Berichten an die Wiener Rückstellungskommission sowie an Dienststellen des Magistrats, Kontaktnahme mit den Erben und Koordination des Übergabeprozesses sowie Auskunft zu Anfragen Magistrats-interner Stellen und externer Personen.

Direkterwerbungen von jüdischen Vorbesitzern

Ausgehend von den Inventarverzeichnissen bzw. Zugangsprotokollen in der Zeit von März 1938 bis Ende 1946, wurden in der Musiksammlung sowie der Handschriftensammlung der Stadtbibliothek alle Erwerbungen näher untersucht. In der Druckschriftensammlung wurden auf Grund der hohen Zahl an Inventarnummern für diese Phase nur Erwerbungen von Privatpersonen, öffentlichen Stellen sowie aus dem Dorotheum erfasst.

Auf diese Art und Weise wurden in der Wienbibliothek 865 Erwerbungsvorgänge (die jeweils ein Objekt bis Tausende Objekte umfassen können) untersucht. Davon wurden 795 als "unbedenklich" und 17 als "bedenklich" eingestuft.

Über 2.300 inventarisierte Objekte und 24 vorher nicht erschlossene Kartons wurden bislang an die Eigentümer restituiert, wobei der ganz überwiegende Teil wieder angekauft oder der Bibliothek zum Geschenk gemacht wurde. 71 Objekte stehen unmittelbar vor der Restitution.

Dem Nationalfonds übergeben werden 21 Objekte, die von der VUGESTA (anonymes jüdisches Vermögen) angekauft wurden.

252 Objekte aus 53 Erwerbungsvorgängen sind mangels ausreichender Unterlagen nicht eindeutig einzuschätzen; deren Datensätze werden deshalb (ohne Präjudiz auf Restitutionswürdigkeit) dem Internet-Portal des Nationalfonds (www.kunstrestitution.at) übermittelt.

"Herrenloses Gut"

Ergänzend dazu hat die Wienbibliothek versucht, die Spuren von "herrenlosem Gut", das nicht über die üblichen Erwerbungsvorgänge in ihren Bestand kam, zu sichern. Dafür wurden alle Akten der Bibliothek im Zeitraum von 1938 bis 1950 durchgesehen, die nicht unmittelbar in Zusammenhang mit Erwerbungen standen - diese waren bereits ab 1999 gesichtet worden -, um Hinweise auf möglicherweise "bedenkliche" Bestände aufzuspüren. Dabei stießen wir auf zwei neue Fälle, die erst viel später in den Inventaren auftauchen:

  • Bibliothek Holzmann: über 200 Druckschriften, v. a. literaturgeschichtliche, biographische und bibliographische Werke aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert; ca. 200 Autographen sowie eine halbe Archivbox nicht detailliert erschlossenen Inhalts mit Korrespondenzen, Stammbuchblättern, eigenen Entwürfen, Lebensdokumenten und Manuskripten.
  • Sammlung Richter: 1.866 Objekte, bestehend aus der persönlichen Korrespondenz der Schwestern, Notizkalendern/Tagebüchern sowie Lebensdokumenten.

Da die Erbensuche in beiden Fällen bisher negativ verlief, wurden Informationen über die Objekte dieser Sammlungen dem Nationalfonds für die Kunst-Datenbank www.kunstrestitution.at übermittelt.

Vorbesitzervermerke

Im Rahmen einer Teilrevision der Bestände wurden schließlich ab 2003 sämtliche Bände, die in den Jahren 1938 bis 1946 inventarisiert worden waren, auf allfällige Provenienzspuren (Ex Libris, Sammlervermerke, handschriftliche Vermerke wie Widmungen) untersucht, im Katalog der Druckschriftensammlung eingetragen und auf diese Weise online verfügbar gemacht. Insgesamt wurden rund 40.000 Bände einer Revision unterzogen. In rund 11.000 Bänden wurde ein Vorbesitzervermerk gefunden, jedoch handelt es sich dabei zum überwiegenden Teil um Bestände der riesigen "Sammlung Portheim" (1937 erworbene Bibliothek des Privatgelehrten Max von Portheim) oder andere unbedenkliche (auch von der Bibliothek selbst angefertigte) Sammlungsvermerke. In einem zeitaufwändigen Ausschließungsverfahren wurde die Zahl der ungeklärten Einträge auf jene Bände reduziert, deren Provenienz zumindest aufklärungsbedürftig ist. 37 Objekte mit Provenienzvermerken von Personen, die als Jüdinnen und Juden im Sinne der Nürnberger Rassegesetze möglicherweise durch Dritte geschädigt wurden - ohne Präjudiz auf deren Restitutionswürdigkeit - wurden ebenfalls der Kunst-Datenbank des Nationalfonds zur Verfügung gestellt. Sämtliche Provenienzvermerke, darunter auch die große Masse hauseigener Sammlungsvermerke, sind im Online-Katalog der Wienbibliothek abrufbar.

Berichte

Der Stadtrat für Kultur und Wissenschaft berichtet jedes Jahr an den Wiener Gemeinderat über die Restitutionsaktivitäten der Wienbibliothek und des Wien Museums. Diese Restitutionsberichte sind über unsere Website zugänglich.

Über den Zeitraum bis 2001 ist eine Publikation erschienen, die im Wien Museum bezogen werden kann (Die Restitution von Kunst- und Kulturgegenständen im Bereich der Stadt Wien 1998-2001. Museen der Stadt Wien Wiener Stadt- und Landesbibliothek. - Farbabbildungen, broschiert, 160 Seiten, EUR 17.).