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Objekt des Monats April 2019: Zum 200. Geburtstag von Franz von Suppè

Franz von Suppè: Missa pro Defunctis (Requiem) für Soli, Chor und Orchester. Eigenhändige Partitur, datiert 29. 8. 1855, 32 x 27 cm; WBR, MS, MH-6950.

Am 18. April jährt sich der Geburtstag des Komponisten Franz von Suppè zum 200. Mal. Er zählt neben Johann Strauss (Sohn) und Carl Millöcker zu den führenden Vertretern der sogenannten Goldenen Wiener Operettenära. Mit dem Einakter Das Pensionat schuf er 1860 die erste Operette Wiener Provenienz und zugleich das erste deutschsprachige Werk dieser Gattung. Seinen größten Erfolg erzielte er 1879 mit Boccaccio. Die Wienbibliothek widmet ihm gemeinsam mit seinem Jahrgangskollegen Jacques Offenbach eine Ausstellung in der Musiksammlung, welche die Bedeutung der beiden für die Entwicklung der Wiener Operette ins Zentrum stellt. Das Objekt des Monats April zeigt hingegen eine andere Facette des kompositorischen Schaffens von Suppè auf: Sein Requiem stellt einen gewichtigen Beitrag auf dem Gebiet der Kirchenmusik dar.

Requiem für einen fortschrittlichen Theaterdirektor

Suppè komponierte das Requiem – sein einziges – zum Andenken an den Theaterdirektor Franz Pokorny (1797–1850). Dieser hatte ihn 1840 als Kapellmeister an das von ihm geleitete Theater in der Josefstadt geholt und ihm damit seine erste Anstellung verschafft. 1845 erwarb Pokorny das Theater an der Wien und nahm Suppè mit ins größere Haus. Ihm gebührt die Ehre, als erster Theaterdirektor im deutschen Sprachraum seinen Autoren Tantiemen gezahlt zu haben. Als er vorzeitig einer Krebserkrankung erlag, hinterließ er allerdings seinem Sohn und Nachfolger Aloys – dies die Kehrseite seiner ausgeprägten sozialen Ader – einen riesigen Schuldenberg, der mittelfristig zum finanziellen Ruin des Theaters führte.

Am 22. November 1855 fand in der Josefstädter Pfarrkirche Maria Treu, der sogenannten Piaristenkirche, eine Erinnerungsfeier für Pokorny statt, bei der Suppès Requiem uraufgeführt wurde. Wer die Abhaltung betrieb und warum just dieses Datum – Pokornys Todestag war der 5. August 1850 – gewählt wurde, geht aus den zeitgenössischen Berichten nicht hervor. Suppè-Biograph Otto Schneidereit vermutet, dass sich die Fertigstellung des Requiems wegen Arbeitsüberlastung des Komponisten in die Länge zog und deshalb die Feier nicht eher stattfinden konnte.

Die Partitur …

Das äußere Erscheinungsbild der eigenhändigen Partitur ist insofern ungewöhnlich, als deren vorderer Deckel außen mit einem aufgeklebten Totenkopf aus weißem Leder "verziert" ist. Suppè hatte offenbar eine Vorliebe für Totenköpfe. Angeblich hatte er sein Arbeits- und Schlafzimmer im Theater an der Wien, wo er nach der Trennung von seiner ersten Frau Therese Merville wohnte, mit diesem Motiv ausmalen lassen und zeitweilig sogar in einem Sarg geschlafen.

Unterhalb des Innentitels der Requiem-Partitur notierte Suppè ein Bibelzitat: "Sancta et salubris est cogitatio pro defunctis exorare, ut a peccatis solovantur" (2 Makk 12, 46). Zu Deutsch: "Es ist ein heiliger und heilsamer Gedanke, für die Verstorbenen zu beten, damit sie von ihren Sünden erlöst werden."

Auf der vorderen Umschlaginnenseite und dem Vorsatzblatt sind drei zeitgenössische Zeitungsrezensionen eingeklebt. In einer davon heißt es: "Nr. 3. Tuba mirum […] dürfte den Glanzpunkt dieses herrlichen Werkes bilden. Es beginnt mit einem Posaunen-Trio, das die Todten aus den Gräbern zu erwecken scheint; man hört gleichsam, wie aus dieser Gegend die erste und aus jener die zweite, aus einer andern endlich die dritte Posaune rufend ertönt, dazwischen die Stimme des Erzengels, ein Baßsolo […]."

… als Quelle für die Musikforschung

Bruckner-Forscher Johannes Leopold Mayer wies darauf hin, dass der Posaunensatz mit seinen wiederkehrenden Fermaten frappant an das Aequale-Blasen bei Leichenbegängnissen sowie öffentlich am Allerseelentag erinnert. Diese Tradition schien bis vor kurzem auf Oberösterreich beschränkt; u. a. sind von Anton Bruckner zwei einschlägige Kompositionen überliefert. In jüngster Zeit tauchten jedoch vermehrt Hinweise auf, die eine weitere Verbreitung nahelegen, darunter eben auch besagte Stelle in Suppès Requiem.

Auf der freien letzten Partiturseite trug Suppè eigenhändig die Aufführungen unter seiner Leitung (bis 1861) samt Besetzung der SolistInnen ein. Bei der Uraufführung sang im Wesentlichen ein gemischtes Ensemble aus Angehörigen des Theaters an der Wien und der Wiener Hofoper, angeführt vom Bassisten Carl Mayerhofer, einem Freund Suppès. Das Sopransolo wurde hingegen der 21-jährigen Wilhelmine Borzaga übertragen, die kurz zuvor in einer Darbietung der Opernschule der Akademie der Tonkunst aufgetreten war. Die Besetzung des Sopransolos ist ein gutes Beispiel dafür, wie sehr er sich vor allem für den eigenen musikalischen Nachwuchs einsetzte.

Zu Suppès eigener Leichenfeier am 23. Mai 1895 in der Augustinerkirche wurde übrigens nicht sein Requiem, sondern sein Trauerchoral Ruhe, müder Wanderer gesungen. Einer weiteren Verbreitung des Requiems stand lange Zeit das Hindernis entgegen, dass kein gedrucktes Material vorlag. Diesem Übelstand schuf erst 1994/95 der Stuttgarter Carus-Verlag durch die Herausgabe einer Partitur und eines Klavierauszugs Abhilfe.

Weiterführendes

Ausstellung in den Loos-Räumen der Wienbibliothek: Offenbach, Suppè und der Beginn der Wiener Operette

Archiv der Objekte des Monats 2019:

Franz von Suppè: Missa pro Defunctis (Requiem) für Soli, Chor und Orchester. Eigenhändige Partitur, datiert 29. 8. 1855, 32 x 27 cm; WBR, MS, MH-6950.
Franz von Suppè: Missa pro Defunctis (Requiem) für Soli, Chor und Orchester. Eigenhändige Partitur, datiert 29. 8. 1855, 32 x 27 cm; WBR, MS, MH-6950.
 

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