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Objekt des Monats Februar 2016: Ein Fächer in Maria-Theresia-Rot. Das Plakat zum Opernball 1956

Schmid-Schlüsselberger: 9. Februar Opernball. Wien: Brüder Rosenbaum 1956, 118x84 cm. Wienbibliothek, P-100584

Am 9. Feber 1956 fand der erste Opernball nach dem Zweiten Weltkrieg statt. Die Kriegsschäden waren behoben und im November 1955 war die Staatsoper festlich wiedereröffnet worden. Das in magenta, weiß und rot gehaltene Plakat, signiert mit Schmid-Schlüsselberger, bewirbt den "Opernball in sämtlichen Räumen der Wiener Staatsoper".
Dass das Plakat so gedruckt wurde, wie es heute vorliegt, hat mit einer Eigenmächtigkeit der Organisatorin und damaligen "Ballmutter" Christl Schönfeldt zu tun. Sie ließ das Plakat pink einfärben, um es lieblicher zu machen. Das Plakat hätte entsprechend dem Entwurf in schwarz und weiß gedruckt werden sollen. Am 4. Februar 2016 kommt es das erste Mal öffentlich genauso zu Ehren, wie es gemäß dem Entwurf aussehen hätte sollen. Das Opernballbüro realisiert eine Fotoschau im Marmorsaal, die die Geschichte von sechzig Jahren Opernball zeigt. Epi Schlüsselberger, die eine Hälfte des Grafiker-Duos, von dem der Plakatentwurf stammt, freut sich sehr darüber, denn sie ärgert sich bis heute über die damalige Vorgangsweise. Entrüstet hatten die Entwerfer zum Hörer gegriffen und bei Schönfeldt angerufen, um zu erfragen, wie es zur Abänderung des Entwurfs gekommen war. Diese meinte schlicht: "Gegen das Maria-Theresia-Rot kann man ja gar nichts haben!" Die Antwort prompt: "Wir schon!"

Ein Fächer aus der Familie

Als Grundlage des Entwurfs diente ein Fächer von Epi Schlüsselbergers Mutter, auf den die Veranstaltungsdaten in Schriftbändern aufgesetzt wurden. Das Arrangement wurde fotografiert und im Offsetdruck umgesetzt. Mit diesem Entwurf lieferten Schmid-Schlüsselberger vier Jahre lang die Vorlage für die Plakate des Opernballs. Variiert wurden das Datum und die Farbigkeit, doch der Entwurf blieb im Wesentlichen bis 1959 gleich (siehe Abbildungen). Die Leichtigkeit, Durchlässigkeit, Filigranität und Luftigkeit des Fächers machen Lust auf Walzerklang und Ballkleidrauschen. Der geöffnete Fächer ist eine Einladung, am Plakat einer Aufforderung gleich: "Kommt her und tanzt!" Man kann diese Aufforderung als eine der Grafiker an sich selbst verstehen, denn als Bezahlung bekamen die beiden Tanzbegeisterten kein Honorar, sondern Eintrittskarten zum Ball.

Hinter dem zweiten Namen der Signatur "Schmid-Schlüsselberger" verbirgt sich Georg Schmid. Schlüsselberger und Schmid kannten einander seit Studientagen und arbeiteten und lebten zusammen. Das Künstlerehepaar war einander Ateliergemeinschaft und strengste Kritiker. Die Arbeitsbiografien der beiden sind vielfältig und umfangreich. Vielseitigkeit und Interesse an den unterschiedlichsten Tätigkeitsfeldern war den beiden gemeinsam. Hier soll ein kleiner Einblick in das Werken und Wirken der beiden gegeben werden. In wenigen Sätzen können ihre Tätigkeiten jedoch nur grob umrissen, nicht aber beschrieben werden, geschweige denn dem Schaffen der beiden gerecht werden.

Epi Schlüsselberger und Georg Schmid

Epi Schlüsselberger (*1926) begann zuerst Kunstgeschichte an der Universität Wien zu studieren und wechselte dann an die Hochschule für angewandte Kunst (vormals Kunstgewerbeschule) zu Otto Niedermoser in die Bühnenbildklasse. Die vielseitig Begabte und stets an Neuem Interessierte erkundete Keramik bei Robert Obsieger und Grafik bei Paul Kirnig. Bei Hertha Larisch in der Schriftklasse blieb sie dann, das Buchbinderhandwerk erlernte sie bei Ursula Kröber. Da sie Typographie von der Pike auf lernen wollte, ging sie zu Klingspor nach Offenbach am Main und arbeitete dort als Setzerlehrling mit Bleilettern. Danach zog sie weiter nach Paris, um von 1947-49 Malerei bei Fernand Léger und André Lhote zu studieren. Obwohl Larisch Schlüsselberger gerne als Assistentin in ihre Kalligraphie-Klasse gesehen hätte, zog Epi es vor 1950/51 ein Jahr Unterricht bei Irene Wellington (Kalligraphie) und William Johnson (Abstrakte Malerei) an der Central School of Arts and Crafts in London zu nehmen.

Georg Schmid (1928-1998) wurde in eine Künstlerfamilie geboren. Sein Vater war Maler, seine Mutter Kostümbildnerin. Schmid studierte an der Hochschule für angewandte Kunst Malerei bei Hilde Schmid-Jesser und Architektur bei Oswald Haerdtl. Auf Empfehlung von Hans Weigel engagierte ihn Volkstheaterdirektor Gustav Manker 1954 als Bühnenbildner. Die Zusammenarbeit mit dem Theater dauerte bis 1996 an. Schlüsselberger zeichnete für die Kostümbilder verantwortlich. Auch das Theater an der Josefstadt, das Landestheater Salzburg, die Salzburger und Bregenzer Festspiele, das Thalia Theater Hamburg und das Schauspielhaus Zürich gehörten zu den Auftraggebern der beiden.

gemeinsame Arbeit als Schmid-Schlüsselberger

Die Arbeiten entstanden stets im Teamwork. Ganz gleich, ob Bühnenbild oder Plakat: Wo der eine begonnen hatte, machte die andere weiter. Zu den Auftraggebern zählten unter anderen das Museum des 20. Jahrhunderts (dessen Logo von Schmid stammte), die Österreichische Nationalbibliothek und die Albertina. Zweimal - 1958 in Brüssel und 1967 in Montréal - waren Schmid-Schlüsselberger für das Design des österreichischen Beitrags zur Weltausstellung verantwortlich, beide Male in Zusammenarbeit mit Karl Schwanzer, der für die Architektur zuständig war. Für Erhard Busek (ÖVP) und Günther Nenning (SPÖ/ per Selbstdefinition "Rot-Grün-Hellschwarzer") entstanden politische Plakate. Auch Josef Krainer beauftragte sie mit einem Wahlplakat für die steirische ÖVP. Schmid wollte die Zusammenarbeit zuerst abwenden und verwies darauf, dass sein Großvater einer der Gründungsväter der Sozialistischen Arbeiterpartei gewesen sei. Den Auftrag bekamen die beiden trotzdem. Und ließen sich auch weiterhin politisch nicht vereinnahmen. Ihr Umfeld war politisch ebenso bunt gemischt wie ihre künstlerische Tätigkeit. Das zeigen auch die Glückwunschtelegramme von Julius Raab und Bruno Kreisky, die zur Hochzeit eingetroffen waren.

Das 60-jährige Jubiläum des Opernballs ist nicht das einzige, das in Zusammenhang mit dem Plakat dieses Jahr zu feiern ist. Auch wenn Epi Schlüsselberger das gerne unter den Tisch fallen lassen möchte, so reihen wir uns doch ein in die Schlange der Gratulanten, die ihr im März zum runden Geburtstag gratulieren dürfen.

Literatur

  • Anita Kern: Grafikdesign in Österreich im 20. Jahrhundert. Herausgegeben von designaustria. Salzburg / Wien: Pustet 2008 (Design in Österreich ; 2), S. 256 ff.
  • Heidelinde Resch: 14 Grafikerinnen im Wien des 20. Jahrhunderts. "... Exaktheit der Zeichnung und Farbe mit echt wienerischem Charme ...". Herausgegeben von designaustria. Wien: Ambra |V 2013 (Design in Österreich ; 3), S. 105 ff.
  • Interviews mit Epi Schlüsselberger

Archiv der Objekte des Monats 2016

Schmid-Schlüsselberger: 28. Februar Opernball. Wien: Brüder Rosenbaum 1957. Wienbibliothek, Plakatsammlung, P-10194
Schmid-Schlüsselberger, Opernball. Wien 1958. Wienbibliothek, Plakatsammlung, P-10226
Schmid-Schlüsselberger: 5. Februar Opernball. Wien: Brüder Rosenbaum 1959. Wienbibliothek, Plakatsammlung, P-10265