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Objekt des Monats März 2009: 90 Jahre Frauenwahlrecht

Die Stimmabgabe in einem Wiener Wahllokal auf der Wieden. Wien: Heinrich Schumann 1919

Am 4. März 1919 zogen die ersten acht weiblichen Abgeordneten in die Konstituierende Nationalversammlung ein. Unser Foto zeigt eine Frau bei der Stimmabgabe am 16. Februar 1919 – dies war die erste Wahl in Österreich, bei der Frauen das aktive und passive Wahlrecht besaßen. Am 12. November 1918 wurde von der Provisorischen Nationalversammlung unter Staatskanzler Karl Renner das "allgemeine, gleiche, direkte und geheime Stimmrecht aller Staatsbürger ohne Unterschied des Geschlechts" verabschiedet. Das aktive Wahlalter wurde mit 20 Jahren, das passive Wahlalter mit 29 Jahren festgelegt.

Die Wahlbeteiligung der Frauen am 16. Februar 1919 betrug 82%. Entgegen den Erwartungen war sie nur wenig geringer als die der Männer (87%). 142 Frauen hatten kandidiert, acht davon zogen schließlich am 4. März 1919 in die Konstituierende Nationalversammlung ein. Von diesen acht Frauen waren sieben Sozialdemokratinnen und eine Christlichsoziale. Es waren dies die sozialdemokratischen Abgeordneten Anna Boschek, Emmy Freundlich, Adelheid Popp, Gabriele Proft, Therese Schlesinger, Amalie Seidel, Maria Tusch, sowie die christlichsoziale Hildegard Burjan.

Der Weg von den Anfängen des Wahlrechtes in Österreich zu einem allgemeinen Wahlrecht, das auch Frauen mit einschloss, dauerte siebzig Jahre. Ab 1848 galt in Österreich das Zensuswahlrecht. In den 4 Kurien war eine Steuerleistung von mindestens 10 Gulden Voraussetzung, ab 1882 wurde diese auf 5 Gulden herabgesetzt. Am 26. Jänner 1907 wurde das allgemeine Wahlrecht für Männer eingeführt. Das Kuriensystem wurde abgeschafft und damit auch der Gruppe der Großgrundbesitzerinnen wieder das Stimmrecht entzogen.

Dass das Frauenstimmrecht nicht schon 1907 eingeführt wurde, begründete das Parlament folgendermaßen: "Die Mehrheit des Ausschusses ging von der Erwägung aus, dass bisher in allen Staaten Europas, in denen das allgemeine Wahlrecht eingeführt wurde, die Frauen unberücksichtigt blieben und dass es sehr bedenklich wäre, gerade in Österreich im Zeitpunkte einer tiefgreifenden politischen Evolution den Versuch, die Frauen zur Teilnahme am politischen Leben heranzuziehen zu unternehmen." 1907 war das allgemeine Frauenwahlrecht tatsächlich erst in Finnland eingeführt, 1913 folgten Norwegen, 1914 Dänemark und Island, 1918 schließlich Deutschland, England, Irland, Luxemburg, die USA – und auch Österreich.

Das von Heinrich Schumann aufgenommene Foto befindet sich im Fotoarchiv des Tagblattarchivs der Wienbibliothek. Es enthält neben dokumentarischen Abbildungen zur Geschichte der ersten Republik auch Fotos des Alltagslebens und ca. 25.000 Portraitfotos. Den zentralen Teil des Archivs bildet die mehr als 100.000 Mappen umfassende Sammlung an biographischen Unterlagen, darunter auch Zeitungsausschnitte zu den "ersten weiblichen Abgeordneten", sowie ein Bestand zur Entwicklung des Wahlrechtes zwischen 1893 und 1936 bzw. in der zweiten Republik.

Archiv der Objekte des Monats 2009