
Hedwig Abel – Pionierin der Wiener Musikkritik
Forschungsprojekt

- Dauer: Dezember 2024 bis Mai 2025
- Projekttitel: Hedwig Abel – Pionierin der Wiener Musikkritik
- Förderung: Einzelförderung im Bereich Wissenschaft der Stadt Wien
- Projektleitung: Dr. Bianca Schumann
- Projektpartner*innen: Wienbibliothek im Rathaus
Projektbeschreibung
Die Wiener Musikkritik des 'langen 19. Jahrhundert' wurde von der historischen Musikwissenschaft bereits eingehend beforscht. Dabei ist eine Perspektive allerdings unterbelichtet geblieben: die der Frauen- und Geschlechter- bzw. Genderforschung. Vor diesem Hintergrund soll im Rahmen dieses Projektes der Reihe an bereits erschienenen Studien zu einigen männlichen Protagonisten der Wiener Musikkritik – wie Eduard Hanslick, August Wilhelm Ambros oder Hugo Wolf – ein Schaffensporträt einer weiblichen Akteurin zur Seite gestellt werden, die ungeachtet ihrer kulturhistorischen Bedeutsamkeit bislang weitestgehend unerforscht geblieben ist. Es handelt sich hierbei um Hedwig Abel (*1870–?), die erste Frau, die sich in Wien nachweislich als Musikkritikerin betätigte.
Für die Erforschung Hedwig Abels steht reichhaltiges Material zweier Quellentypen zu Verfügung. Dabei handelt es sich zum einen um 98 Briefe, die Abel von Eduard Hanslick erhalten hatte, und zum anderen um Abels Musikkritiken. Die Briefe, die Datierungen im Zeitraum zwischen 1892 und 1903 tragen, sind in der Wienbibliothek im Rathaus archiviert und Abels Musikkritiken sind online, digitalisiert über den virtuellen Zeitungslesesaal der Österreichischen Nationalbibliothek ANNO recherchierbar. Wenngleich Abels Antwortbriefe an Hanslick nicht greifbar sind, da sein Nachlass als verschollen gilt, und wir somit darauf angewiesen sind, Abel durch diese Quellen auf nur mittelbarem Wege kennenzulernen, zeichnen Hanslicks Briefe ein aussagekräftiges Bild von einer ernstzunehmenden Kollegin, für die sich Hanslick den gesamten Briefwechsel hindurch als Türöffner und Mentor einsetzte. Die zuallermeist tagesgenau datierten Briefe, in denen Hanslick Abel zu ihren publizierten musikkritischen Einlassungen beglückwünschte oder ihr Karten für spezifische Konzerte schickte, bieten exzellente Voraussetzungen, um von diesen Angaben ausgehend, gezielt Abels Musikkritiken in den brieflich erwähnten Wiener Zeitschriften zu recherchieren.
Das Schaffensporträt Abels entrollt sich entlang dreier Leitfragen:
1. Mit welchen soziokulturellen Voraussetzungen und Bedingungen sah sich Abel im Zuge der Verwirklichung ihrer musikkritischen Ambitionen konfrontiert? Dabei soll insbesondere reflektiert werden, in welchem Ausmaß ihre Zugriffsmöglichkeiten auf Basales wie Konzert- bzw. Pressekarten, Notenmaterial zur Vor- und Nachbereitung der Konzertbesuche sowie musikwissenschaftliche und -theoretische Literatur vom Wohlwollen männlicher Kollegen abhing und wie gravierend dies ihre professionelle Entwicklung beeinflusste.
2. Durch welche musikästhetische Anschauung sind Abels kritische Positionierungen geprägt und wie lassen sich sowohl ihre Anschauung als auch ihre Positionierungen in das diskursive Umfeld einordnen? Hierbei steht neben der akribischen Analyse der Musikkritiken selbst auch das Ziel einer ausdifferenzierten Verortung der Kritikerin innerhalb der idealtypischen Gruppierung der ‚konservativen‘ Formalästhetiker im Fokus.
3. Welches Selbstverständnis hatte Abel von sich als weibliche Musikkritikerin und wodurch war die Fremdwahrnehmung ihrer Person im rein männlichen Kollegenumfeld geprägt? Gilt es für die Bearbeitung der ersten Teilfrage vor allem Abels Musikkritiken nach Hinweisen zu durchforsten, die Aufschluss über ihr Selbstbild geben, sind für die Auseinandersetzung mit der zweiten Teilfrage Hanslicks briefliche Berichte über Abels Wirkung auf seine männlichen Kritikerkollegen die aufschlussreichere Quelle.
Ziel des Projektes ist es, zur Diversifizierung der musikwissenschaftlichen Forschung zur Wiener Musikkritik des ‚langen 19. Jahrhunderts‘ beizutragen und durch das in diesem Zuge geworfene Schlaglicht der bislang unerforschten Persönlichkeit Hedwig Abel zu der historischen Anerkennung zu verhelfen, die ihr nicht nur aufgrund ihrer Vorreiterrolle einer weiblichen Pionierin in einem männlichen Milieu zusteht, sondern – über den Aspekt ihrer Geschlechtszugehörigkeit hinausgehend – vor allem wegen ihrer fachspezifischen Kompetenz.
Kontakt
Dr.in Bianca Schumann
bianca.schumann@univie.ac.at
Wienbibliothek im Rathaus
Forschung und Partizipation, Wien Geschichte Wiki
Mag.a Dr.in Dr.in Katharina Prager (Leitung)
katharina.prager@wienbibliothek.at