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Objekt des Monats Jänner 2020: Zur Eröffnung des Beethoven-Jahres 2020 - Ouvertüre zum Festspiel "Die Weihe des Hauses"

Ludwig van Beethoven: Ouvertüre zum Festspiel „Die Weihe des Hauses“, eigenhändige Partitur, 1822, 45 Bl. (90 S.), hier Titelseite, 24 x 32 cm; WBR, MS, MHc-1896

2020 jährt sich Ludwig van Beethovens Geburtstag zum 250. Mal. Zu diesem Jubiläum präsentiert die Wienbibliothek im Rathaus ihr bedeutendstes Beethoven-Autograph, die Partitur der Ouvertüre zum Festspiel "Die Weihe des Hauses" als Objekt des Monats Jänner. Am 27. Februar wird die Ausstellung "Beethoven und seine Verleger" in den Räumen der Musiksammlung eröffnet. Sie stützt sich vor allem auf Briefe und Erstausgaben von Werken des Komponisten aus den Beständen der Bibliothek.

Eine Gelegenheitskomposition zu Wiedereröffnung des Theaters in der Josefstadt

Anlass der Komposition war die Eröffnung des durch Joseph Kornhäusel anstelle des abgerissenen Altbaus neu errichteten Theaters in der Josefstadt. Dessen Direktor Carl Friedrich Hensler gedachte als Festvorstellung den dritten und letzten Teil der Trilogie anlässlich der Inauguration des deutschen Theaters in Pest, den Einakter "Die Ruinen von Athen" von August von Kotzebue, zu übernehmen, den er durch Carl Meisl adaptieren ließ. Durch die Umarbeitung wurden Änderungen und Ergänzungen der von Beethoven komponierten Bühnenmusik notwendig, die der entsprechend beauftragte Komponist selbst vornahm.

Zur Komposition einer neuen Ouvertüre entschloss sich Beethoven erst spät. Seinem Bruder Johann, den er beauftragte, Verlagsverhandlungen mit der Firma S. A. Steiner zu führen, erläuterte er: "Wegen der neuen Ouverture kannst du ihnen sagen, daß die alte nicht bleiben konnte, weil das Stück in Ungarn nur als Nachstück gegeben, hier aber das Theater damit eröffnet wurde". Die Partitur bildet ein gutes Beispiel für die mitunter einige Mühe erfordernde Lesbarkeit von Beethovens Handschrift, die nicht selten zu Fehlern bei der Edition seiner Werke führte und dadurch den Zorn des Komponisten auf vorgeblich unmusikalische Kopisten und Notenstecher hervorrief. Inhaltlich weist die Ouvertüre eine Annäherung an den Stil Georg Friedrich Händels auf, dessen Werke Beethoven zuvor eingehend studiert hatte.

Bei der Uraufführung am 3. Oktober 1822 dirigierte Beethoven selbst. Wegen seiner weit fortgeschrittenen Schwerhörigkeit wurde ihm Kapellmeister Franz Joseph Gläser zur Seite gestellt, der als Mittler zwischen ihm und dem Orchester fungierte. Die Kritik bemerkte, dass das "doppelte, nicht selten ganz verschiedene, Taktiren sich in der That recht sonderbar gestaltete". Dies tat dem positiven Gesamteindruck jedoch keinen Abbruch. Am Ende bejubelte das Publikum den Komponisten und die Ausführenden. Bei den Folgeaufführungen, die von 4. bis 6. Oktober stattfanden, dirigierte Gläser dann allein.

Erstdruck und Widmung der Ouvertüre zur "Weihe des Hauses"

Steiner ging auf das Angebot Beethovens zur Verlagnahme nicht ein. Die Ouvertüre erschien erst 1825 bei Schott in Mainz unter der Opuszahl 124. Wegen der besseren Verkaufsaussichten machten von Beethovens Schüler Carl Czerny erstellte Auszüge für Klavier zu zwei und vier Händen den Anfang; noch im selben Jahr folgten Partitur und Orchesterstimmen.

Die Partitur weist eine Widmung an Nikolaj Borisowitsch Golicyn (Galitzin) aus. Der junge Fürst, der mit dem ehemaligen russischen Botschafter in Wien, Dmitrij Michajlowitsch Golicyn, verwandt war und selbst einige Jahre in Wien zugebracht hatte, war kurz nach der Premiere der Wiedereröffnung des Theaters in der Josefstadt mit Beethoven in Briefkontakt getreten. Als versierter Cellist und glühender Verehrer des Komponisten hatte er bei diesem mehrere Streichquartette in Auftrag gegeben. Daneben trat er als Subskribent der "Missa solemnis" auf, deren Uraufführung in St. Petersburg er kraft seines Einflusses auf das Musikleben der damaligen russischen Hauptstadt durchsetzte. Die Fertigstellung der Quartette verzögerte sich, und um den Fürsten zwischenzeitlich zufriedenzustellen, dedizierte ihm Beethoven die Ouvertüre zur "Weihe des Hauses". 2019 erhielt die Wienbibliothek von der Wiener Beethoven-Gesellschaft eine Serie von Briefen Golicyns an Beethoven als Dauerleihgabe, welche über die Geschäfte zwischen den beiden Männern aus erster Hand informieren.

Weiterführende Links in die Digitale Bibliothek:

Notiz des Komponisten: "von L. v. Beethoven / Overture geschrieben (:Zur Eröffnung des / Hof Josephstädter Theaters zu Ende September 1822 / aufgeführt am 3ten oktober 1822"