Digitaler Humanismus
1. Souveränität statt Abhängigkeit
Der Digitale Humanismus fordert, dass die digitale Welt nicht zum Spielplatz einzelner Mächtiger wird. Genau das setzen wir um, indem wir unsere historischen Bestände nicht einfach an kommerzielle Anbieter abgeben, sondern eigene Systeme und Infrastruktur aufbauen. Das ist technisch aufwendiger als der Weg über große Plattformen, aber es bedeutet: Wir gestalten selbst, statt gestaltet zu werden.
2. Ermächtigung durch Zugänglichmachung
Wir nutzen KI, um Wissen aus unseren Sammlungen überhaupt erst zugänglich zu machen – nicht nur für Spezialist*innen, sondern für alle Interessierten. Unsere Sammlungen und Beziehungen im Wien Geschichte Wiki umfassen große Datenmengen, die ohne digitale Methoden kaum erschließbar wären. Die Technologie ermöglicht großflächige Studien zu Kommunikationsmustern, thematischen Schwerpunkten und kulturhistorischen Zusammenhängen, die manuell nicht zu bewältigen wären.
3. Menschliche Interaktion
Wir setzen KI nicht dazu ein, neue Inhalte zu generieren (oder halluzinieren), sondern zur Verstärkung und Sichtbarmachung von menschlicher Textproduktion und Interaktion – manifestiert in Werken, Briefen oder gemeinsamer Arbeit. Die Technologie hat für uns dabei eine dienende Rolle.
4. Teilhabe an der digitalen Welt
Wir sind nicht nur Denk- und Diskursort, sondern auch Technik-Labor. Durch die tiefe Beschäftigung unserer Mitarbeiter*innen mit KI schlagen wir eine Brücke zwischen einander sonst oft fernen Disziplinen und fördern interdisziplinäres Denken und Lösungen. Das Ausbrechen aus Denksilos ist eine der Grundforderungen des Digitalen Humanismus.
Aktivitäten
Die Wienbibliothek im Rathaus hat sich seit der Veröffentlichung des Wiener Manifests zum Digitalen Humanismus (2019) mit unterschiedlichen Schwerpunkten, Büchern und Vermittlungsformaten zu einem anerkannten Denk- und Diskursort im Universum des Digitalen Humanismus etabliert:
Die seit 2020 stattfindende Reihe „Transformation gestalten. Digitaler Humanismus“ ist eine offene, partizipative Diskussionsreihe, die in Kooperation mit der Fakultät für Informatik der TU Wien drei- bis viermal pro Jahr organisiert wird.
Im „Digitalen Humanismus-Salon“ treffen sich Forscher*innen aus unterschiedlichen Disziplinen gemeinsam mit Expert*innen aus Verwaltung, NGOs und Medien, um Wissen über Digitalisierung auszutauschen und aufzubauen.
In der Tradition des Wiener Kreises sieht sich die Wienbibliothek, wenn sie gemeinsam mit den Volkshochschulen Wien und der Fakultät für Informatik der TU Wien „Wissen für alle“ organisiert. Am 16. Oktober startet die Reihe Digitalisierung und der Digitale Humanismus Grundlagen, Potenziale, Risiken.
Digitaler Humanismus in Pflichtschulen
In Kooperation mit dem Direktor des GRG Stubenbastei, Horst Eichinger, den UNESCO Chairs für Digitalen Humanismus, Prof. Julia Neidhart und Prof. Peter Knees und dem edulab der Fakultät für Informatik wurde ein Curriculum für das Wahlpflichtfach „KI und Digitaler Humanismus“ entwickelt. Ziel ist es, dieses Best Practice Modell auf alle Schulen in Österreich auszurollen. Denn nur wer Digitalisierung und KI versteht, kann die Zukunft gestalten. Mehr Informationen auf der Website der Stubenbastei GRG 1.
Literatur
Anita Eichinger, Katharina Prager
We Are Needed More Than Ever: Cultural Heritage, Libraries and Archives
In: Hannes Werthner, Erich Prem, Edward A. Lee, Carlo Ghezzi (Hg.)
Perspectives on Digital Humanism
Springer 2022
Anita Eichinger, Peter Knees, Hannes Werthner (Hg.)
Digitalisierung und wir. Lehrbuch zum Digitalen Humanismus mit praktischen Übungen
Wien/Salzburg, 2024
Weiterlesen im Manifest
Hier finden Sie das
Manifest zum Digitalen Humanismus