"Das Familienleben ist ein Eingriff in das Privatleben" Die Familie des Satirikers Karl Kraus | 14.11.2024
Führung
Ort und Zeit
Donnerstag, 14. November 2024, 17.00 Uhr
Wienbibliothek im Rathaus, Foyer
Rathaus, Eingang Felderstraße, Stiege 6, Glaslift, 1. Stock, 1010 Wien
Vor Ort / Anmeldung aufgrund der begrenzten Plätze erforderlich.
Über die Ausstellung
Der Wiener Satiriker Karl Kraus (1874–1936) legte sich bereits in jungen Jahren mit der Wiener Literaturszene, der österreichischen Gesellschaft und der deutschsprachigen Presse an. Es gelang ihm mit seiner Zeitschrift Die Fackel sowie durch öffentliche Kampagnen und Auftritte zu einer ebenso gefeierten wie gefürchteten kritischen Instanz seiner Zeit zu werden.
Über sein Privatleben wurde dabei kaum etwas bekannt, denn Kraus hielt sowohl seine Herkunftsfamilie wie auch seine Lieb- und Freundschaften sehr bewusst aus der Öffentlichkeit heraus. Weder wollte er durch Verwandte angreifbar werden noch ihm nahestehende Menschen durch seine radikalen Positionen angreifbar machen. In diesem Sinne postulierte er etwa: »Das Wort ›Familienbande‹ hat einen Beigeschmack von Wahrheit.«
Die mondäne und progressive Kraus-Dynastie, die sich vom böhmischen Jičín aus in der Welt des mitteleuropäischen Großbürgertums etablierte, blieb so bis heute großteils im Verborgenen. Zahlreiche Briefe, Postkarten, Familienfotos und andere Memorabilien im Kraus-Archiv der Wienbibliothek im Rathaus belegen, dass Karl Kraus zeitlebens Teil des Lebens einer faszinierenden jüdischen Großfamilie war, über der heute der Schatten der Shoah liegt. Von den sechs Geschwistern, die 1938 noch lebten, gelang nur einer Schwester die Flucht ins Exil. Eine reiche und lebendige Familiengeschichte wurde so fast völlig ausgelöscht.
Ausgehend von den Spuren, die sie im Leben ihres berühmten Sohnes, Bruders und Onkels hinterließen, werden in dieser Ausstellung die Geschichten der Eltern, Geschwister, Nichten und Neffen erzählt. Es ist eine ebenso liebevolle wie schwierige Familie, von der sich Momentaufnahmen erhalten haben – von den Geburten und Todesstunden ihrer Mitglieder, vom Umgang mit dem Familienvermögen, von gemeinsamen Sommerfrischen in der Bad Ischler Familienvilla, von Reisen bis nach Konstantinopel und Kairo und auch vom alltäglicheren Aufeinandertreffen beim Abendessen, in Telefonaten oder nach der Fackel-Lektüre.
Ausstellungskuratorin:
Katharina Prager
Ausstellungsgrafik:
Lisa Ifsits
Ausstellungsgestaltung:
koerdtutech