
Der Untergang einer Kaiserstadt. Romane über das Wien der Zwischenkriegszeit
Diskussion & Lesung
Ort und Zeit
Mittwoch, 1. März 2023, 18.30 Uhr
Lesesaal der Wienbibliothek im Rathaus
Rathaus, Eingang Lichtenfelsgasse,
Stiege 6 (Glaslift), 1. Stock, 1010 Wien
Vor Ort und Live-Stream / Anmeldung
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Eine uralte Monarchie geht unter, eine junge Republik nimmt auf deren Resten ihren Anfang – diese Umbruchzeit, die in den letzten Jahren des Ersten Weltkriegs beginnt und jedenfalls in die frühen 1920er Jahre andauert, gehört zu den spannungsvollsten und spannendsten Perioden der österreichischen Geschichte. Zeitgenössisch und aktuell hat diese Übergangszeit viele Autorinnen und Autoren fasziniert und angeregt, sie in Romanen zu erzählen und zu deuten. Einige von ihnen sahen den prunkvoll-düsteren Leichenzug des alten Kaisers Franz Joseph I. im November 1916 als den Anfang vom Ende, dem ein Neuanfang folgte.
So auch der heute kaum noch bekannte Schriftsteller und spätere Diplomat Paul Zifferer, den dieser Tag inspirierte, „einen Wiener Roman zu schreiben, der am Tag beginnt, da man den alten Kaiser begräbt und am Tage schließt, als man die Republik ausruft.“ Zifferer kam aus einer jüdischen Familie, die sich in Mähren großbürgerlich etabliert hatte, zog als Student nach Wien und war bald als Feuilletonist der Neuen Freien Presse in der Kulturszene bestens bekannt und vernetzt. Sein Roman Die Kaiserstadt entstand ab 1916 in Wien und Paris und erschien 1923 beim renommierten S. Fischer Verlag. Sein Protagonist Toni Muhr kehrt im November 1916 aus dem Krieg heim und taumelt durch die zerbrechende Gesellschaft – die Geschichten von Kriegsgewinnlern und Erzherzögen, modern lebenden Frauen und sozialistisch denkenden Arbeiter kreuzen sich in der seinen.
Einen eigenen Charakter entwickelt die Kaiserstadt selbst, deren Straßenzüge mit ihren historischen Brunnen, Denkmälern und Prachtbauten Toni Muhr immer wieder durchwandert und die die Schicksale ihrer Bewohnerinnen und Bewohner mitgestaltet. Besonders faszinierend ist es, Zifferers Kaiserstadt, die der Reclam-Verlag 2023 wieder entdeckte und auflegte in Zusammenschau mit Hugo Bettauers Stadt ohne Juden oder Bettina Balàkas Eisflüstern zu betrachten. Themen changieren zwischen unterschiedlichen Perspektiven, Zeitschichten spielen komplex zusammen und ineinander, Identitäten und Positionen sind ambivalent und veränderlich – und damit auch nach hundert Jahren ungemein interessant.
Programm
Im Gespräch
Bettina Balàka, Schriftstellerin
Katharina Prager, Wienbibliothek im Rathaus
Lesung
Markus Hering, Schauspieler
Büchertisch von Lhotzkys Literaturbuffet
Buch-Informationen
Paul Zifferer
Die Kaiserstadt
Nachwort von Katharina Prager
Mit einem Essay von Rainer Moritz
Ditzingen, Reclam Verlag, 2023
Deutsch, 397 Seiten
ISBN: 978-3-15-011443-8
Covid-Schutzmaßnahmen
Es gelten die aktuellen Corona-Regeln.
Allgemeine Informationen
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