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Die drei Wien des Hermann Leopoldi

Ausstellungssujet, Vorlage von Fritz Gareis aus "Die Muskete", 10. April 1923. Wienbibliothek im Rathaus

Ort und Zeit

20. März bis 4. Oktober 2012
Ausstellungskabinett der Wienbibliothek
Rathaus, Stiege 6, 1. Stock, 1082 Wien
Öffnungszeiten Montag bis Donnerstag 9 bis 18.30 Uhr, Freitag 9 bis 16.30 Uhr
Sommeröffnungszeiten 6. bis 24. August 2012: Montag bis Freitag 9 bis 15 Uhr
Führungen nach Vereinbarung

Zur Ausstellung

Die Wienbibliothek übernahm 2010 den Nachlass des großen Komponisten und Interpreten des Wienerliedes, Hermann Leopoldi, als Schenkung von seinem Sohn Ronald. Die erste öffentliche Präsentation dieser zeitgeschichtlich brisanten Materialien orientiert sich einerseits an den Liedern Leopoldis und andererseits an drei Epochen Wiens, mit denen sein Werk untrennbar verbunden ist.

Hermann Leopoldi wurde 1888 als Hersch Kohn in eine jüdische Familie und in sein erstes Wien, die Reichshaupt- und Residenzstadt der Donaumonarchie, hineingeboren. Hier wurde der junge Musiker auch künstlerisch sozialisiert. Im Raum der Monarchie werden die migrantischen Wege der Familie Kohn, die ersten Tourneen des jungen Pianisten mit Wiener Volkssängern und die ausgedehnten Reisen des "Klavierhumoristen" Leopoldi mit dem Kriegspressequartier nachgezeichnet. In seinem zweiten Wien, dem der Zwischenkriegszeit, feierte Hermann Leopoldi seine größten Erfolge. Gemeinsam mit Bruder Ferdinand und dem renommierten Conferencier Fritz Wiesenthal führte er das Kabarett Leopoldi-Wiesenthal in der Rotgasse im 1. Bezirk. Hermann Leopoldis Lieder dieser Zeit kommentierten politische Skandale, gesellschaftliche Moden und die Medienrevolutionen, an denen er als moderner Schlagerkomponist und -interpret Anteil hatte. Die außergewöhnliche Qualität seiner Lieder kam in der Zusammenarbeit mit den besten Textdichtern seiner Zeit zustande: Fritz Löhner-Beda, Fritz Grünbaum, Arthur Rebner, Theodor Waldau, Erwin Spahn, Salpeter (Karl Pollach), Peter Herz etc.

Ab den 1930er Jahren "rückten" die Alpen aber immer näher, was sich in der Kleidung der Menschen wie in den politischen Verhältnissen zeigte. Leopoldi war nun – wie zuvor für die Sozialdemokraten – auch für den Ständestaat propagandistisch tätig. Für ihn und andere jüdische Künstler bedeutete das faschistische Regime vor allem die Erhaltung des unabhängigen österreichischen Staates gegenüber dem expansionshungrigen NS-Deutschland.

Das dritte Wien des Hermann Leopoldi entstand seit 1938, als sich die Stadt den Nazis in die Arme geworfen hatte, durch Verfolgung, Raub, Mord und Krieg. Als Häftling der Konzentrationslager Dachau und Buchenwald komponierte Leopoldi den Buchenwälder Marsch. Als Exilant präsentierte er in den USA ein "Alt-Wien", dessen Kultur und Mentalität gegenüber dem "preußischen" NS-System immun erschien.

Bei seiner Rückkehr 1947 wurde der große "Wiener" jubelnd empfangen, als ob er in den USA nur eine ausgedehnte Tournee gemacht hätte. Vorerst wohnte Leopoldi im Hotel und behielt sich vorsichtshalber eine kleine Wohnung in New York. Eine weitere Flucht blieben ihm und seinem dritten Wien aber glücklicherweise erspart, und er starb hier 1959.

Hermann Leopoldi (1928). Wienbibliothek im Rathaus
Hermann Leopoldi und seine Frau Eugenie Leopoldi (geb. Kraus), Wien 1911. Wienbibliothek im Rathaus
Hermann Leopoldi, Helly Möslein und Arthur Berger, USA ca. 1943. Wienbibliothek im Rathaus
Notencover zum Lied „Jede Gnädige, jede Ledige trägt den Bubikopf …", Musik: Hermann Leopoldi und Robert Katscher, Text: Theodor Waldau, 1924 © Wienbibliothek im Rathaus
Notencover zum Lied "Soiree bei Tannenbaum", Musik: Franz Liszt, Arrangement von Hermann Leopoldi, Text: Arthur Rebner, 1920. Wienbibliothek im Rathaus
Notencover zum Lied "Wien, sterbende Märchenstadt", Musik: Hermann Leopoldi, Text: Fritz Löhner-Beda, 1922. Wienbibliothek im Rathaus
Postkarte des Kabarett Leopoldi-Wiesenthal in Wien 1., Rotgasse, von links nach rechts: Hermann Leopoldi, Ferdinand Leopoldi, Fritz Wiesenthal. Wienbibliothek im Rathaus