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Objekt des Monats Mai 2016: Der Feuerwerksplatz im Prater

Der Feuerwerksplatz aus der "Sammlung von Aussichten der Residenzstadt Wien von ihren Vorstädten und einigen umliegenden Oertern", Wienbibliothek, D-86770

Der Frühling des Jahres 1766 war für viele Wienerinnen und Wiener wohl besonders schön und aufregend:  Seit April dieses Jahres war ihnen vom fortschrittlich gesonnenen Monarchen Joseph II. gestattet, im Prater, einem bis dahin streng den imperialen und höfischen Jagdgelüsten vorbehaltenes Wildreservat, "frey spazieren zu gehen, zu reiten und zu fahren, und zwar nicht nur in der Hauptallee, sondern auch in den Seitenalleen, Wiesen und Plätzen, sich daselbst mit Ballonschlagen, Kegelscheiben und anderen erlaubten Unterhaltungen eigenen Gefallens zu divertiren".

Unser Objekt des Monats Mai zeigt einen kolorierten Stich von Johann Andreas Ziegler, der ein Jahrzehnt nach der Öffnung des Praters für das allgemeine Publikum entstanden ist. Johann Andreas Ziegler (1749-1802) hatte gemeinsam mit Carl Schütz (1745-1800) das 1779 bei Artaria verlegte opulente Prachtwerk "Collection de vues de la Ville de Vienne de ses Faubourgs et quelques Environs" (Sammlung von Aussichten der Residenzstadt Wien, von ihren Vorstädten und einigen umliegenden Örtern) illustriert und für spätere Stadtansichten typisch gewordene Sujets und Perspektiven gestochen. Der unweit der Stadt gelegene Prater ist gleich mit zwei Blättern vertreten.

Wein-Würthe und Coffe-Sieder

Die vorliegende Tafel zeigt Szenen auf der Feuerwerkerallee im Bereich der großen Feuerwerkerwiese. Die Feuerwerkerallee entspricht im Verlauf der heutigen Ausstellungsstraße und beherbergte schon im ausgehenden 18. Jahrhundert eine Reihe von Belustigungen sowie eine vielfältige gastronomische Infrastruktur, nachdem "Bier-Würthe", "Wein-Würthe" und "Coffe-Sieder" durch das Obersthofmeisteramt, welchem die Praterverwaltung auch nach der Öffnung bis 1918 offiziell unterstand,  Betriebskonzessionen für den Prater erhalten hatten. Auf der breiten Sandstraße sind mehrere Wagen, offene und geschlossene Kutschen der Aristokratie und des Großbürgertums zu erkennen, die der großen Feuerwerkerwiese zustreben. Die Zufahrt zur Feuerwerkerwiese wird durch berittene Wachmannschaften gesichert, den Degen gezogen und gegen die rechte Schulter gelehnt haltend. Niedere Wacheoffiziere säumen die Straße mit geschultertem Gewehr, das Bajonett ist aufgepflanzt.

Es ist die gesellschaftliche Elite, die sich hier zum bevorstehenden Feuerwerk versammelt. Vielfach hatte der Hof zu Sondervorstellungen geladen und, wie im Falle des Annenfestes am 26. Juli, ganze Vorstellungen für sich reserviert. Die Feuerwerke, die seit 1776 von Johannes Georg Stuwer auf der Feuerwerkerwiese im Prater abgebrannt wurden, bildeten jedoch eine bei allen gesellschaftlichen Schichten beliebte und auch von Bürgern, von Männern und Frauen gleichermaßen gerne frequentierte Belustigung.
Johann Andreas Ziegler hat mit großer Detailgetreue den Feuerwerkerplatz gestochen. Den rechten Bildrand dominiert hinter einem knorrigen Baum das turmhohe Feuerwerkergerüst, das mit langen Stangen gegen Umkippen gesichert wurde. Auf der Wiese selbst befanden sich zwei große Tribünen. Die unmittelbar vor dem Gerüst stehende Tribüne bot ungehinderte Sicht auf das Spektakel, sie war den vermögenderen Publikumskreisen (man zahlte 1 Gulden 40 Kreuzer) zugänglich, während sich die weniger zahlungskräftigere Masse mit einer weiter hinten liegenden niedrigeren Tribüne begnügen musste. Von dort war die Sicht durch die Tribüne mit den teureren Plätzen also erheblich eingeschränkt.

Schlechtwetterversicherung

Die Feuerwerke im ausgehenden 18. Jahrhundert waren überwiegend aufwendig gestaltete Figurentableaus. Besonders gerne setzten die Feuerwerker mythologische oder geschichtliche Inhalte in Szene. Das hier abgebildete Feuerwerkergerüst ist bereits für die am Abend nach Sonnenuntergang stattfindende Vorstellung vorbereitet: deutlich zu erkennen sind die in unterschiedlichen Etagen angebrachten Gebäudeteile, Portale und Giebel, die offenbar Teil dieser pyrotechnischen Inszenierung waren. Die Bilder des Feuerwerks wurden Etage für Etage abgebrannt, der optische Stimulus wurde durch das Abfeuern von Böllern (sogenannten Bomben) auch akustisch gehörig erweitert.
Die Feuerwerke fanden nur bei schönem - das heißt trockenem - Wetter statt, da das Pulver keinesfalls feucht werden durfte. Billetts wurden im Vorverkauf erworben, das Risiko, eine Veranstaltung schlechtwetterbedingt zu versäumen, war gegeben. Daher wurden Rückversicherungsscheine aufgelegt: entfiel die Veranstaltung wegen Regenwetters oder starken Windes, erhielt der Besitzer einer Rückversicherung sein Billett erstattet.

Feuerwerkszettel in der Wienbibliothek

Die Familie Stuwer hatte bis 1876 Feuerwerke im Prater veranstaltet und unzählige Werbeplakate in der Stadt und im Prater verteilt. Die Wienbibliothek im Rathaus bewahrt in der Druckschriftensammlung ein reichhaltiges Konvolut an sogenannten Feuerwerkszetteln: dabei handelt es sich um Programmankündigungen, die die einzelnen Bilder und Figuren erklären, manchmal auch graphisch illustrieren. Auch Eintrittskarten und Rückversicherungsscheine finden sich in diesem Konvolut. In der Handschriftensammlung werden sogenannte Feuerwerkerbüchel aufbewahrt, wobei es sich um Rezeptsammlungen für besonders schöne und farbenprächtige Feuerwerke handelt.

Die Wienbibliothek präsentiert in der digitalen Bibliothek diese und viele andere Objekte zum Thema.

Das Objekt

Sammlung von Aussichten der Residenzstadt Wien von ihren Vorstädten und einigen umliegenden Oertern = Collection de vues de la Ville de Vienne, de ses Fauxbourgs, et quelques Environs / gezeichnet und gestochen von Karl Schütz und von Johann Ziegler. Vienne: Artaria [1779-1784]. 36 Blatt und 69 Kupferstiche. Wienbibliothek im Rathaus, Druckschriftensammlung, D-86770

Links

Literatur

Ursula Storch (Hg.): In den Prater! Wiener Vergnügungen seit 1766. Salzburg: Residenz Verlag 2016

Archiv der Objekte des Monats 2016