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Man lebt nur in Russland!

Johann Strauss in Pawlowsk

Musikdruck der "Pizzicato-Polka" aus St. Petersburg.

Ort und Zeit

9. März bis 27. Oktober 2017
Montag bis Freitag 9 bis 13 Uhr
Musiksammlung der Wienbibliothek, Loos-Räume
Bartensteingasse 9, 1. Stock, 1010 Wien
Eröffnung am 8. März 2017

Zur Ausstellung

Lange Zeit galten die Aufenthalte von Johann Strauss (Sohn) in Russland gewissermaßen als weißer Fleck auf der Landkarte. Legenden und Anekdoten verstellten die Sicht auf die historischen Fakten; dies gilt sowohl für das berufliche Wirken von Strauss als auch für seine Liebesbeziehung zur adeligen Amateurkomponistin Olga Smirnitskaja. Durch die seit dem Fall des Eisernen Vorhangs betriebene intensive Forschungstätigkeit auf diesem Gebiet hat sich jedoch herausgestellt, dass wie so oft die Wirklichkeit viel spannender als die überlieferten Fiktionen ist.

Wussten Sie…

…dass Johann Strauss (Sohn) elf Jahre hindurch jeweils fünf Monate lang in Russland engagiert war?
…dass er der erste Tschaikowsky-Dirigent war?
…dass er beinahe eine Russin geheiratet hätte?
…dass seine Polka Im Krapfenwaldl ursprünglich Im Pawlowsker Walde hieß?
…dass das Perpetuum mobile erst in Russland seine endgültige Gestalt erhielt?
…dass die Pizzicato-Polka für ein russisches Publikum geschrieben wurde?
…dass Josef Strauss in Pawlowsk mit hochromantischen Orchesterfantasien den Grundstein für seine späteren symphonischen Walzerintroduktionen legte?

Die Vorgeschichte

Ein österreichischer Eisenbahn-Pionier verlässt die Heimat, da man dort seinen Plänen zum Ausbau des neuen Verkehrsmittels Widerstand entgegensetzt, und bietet seine Dienste dem Zaren an. Er baut die erste russische Bahnlinie, eine Versuchsstrecke von der Hauptstadt St. Petersburg zur Sommerresidenz in Zarskoje Selo. Um die Linie profitabel zu machen, wird sie bis Pawlowsk verlängert, wo ein Unterhaltungszentrum für ein gehobenes Publikum errichtet wird. Ein romantischer Park, Kartenspiel, erlesenes Essen, dazu Musik… Erster Musikdirektor in Pawlowsk soll Strauss Vater werden, doch das Engagement kommt nicht zustande.

Turbulenzen

1849 stirbt Strauss Vater; der Sohn übernimmt dessen Kapelle. In Hofkreisen vergibt man ihm jedoch nicht, dass er bei den revolutionären Umtrieben ein Jahr zuvor auf der "falschen" Seite gestanden ist. 1850 reist er zum Kaisertreffen nach Warschau, um dort als ungeladener Gast des Zaren seinem eigenen Monarchen Franz Joseph aufzuspielen. Man spricht von einer Einladung nach St. Petersburg, doch bis dahin vergehen noch einige Jahre.

Himmelhoch jauchzend…

Als Strauss 1856 das erste Mal nach Russland fährt, existiert von seinen Werken, die sich bis heute als Zugstücke gehalten haben, nur die Annen-Polka. Die Wiener Kritik wirft ihm vor, er schreibe "Walzer-Requiems". Sein Einstand in Pawlowsk verläuft hingegen mit allen Anzeichen einer Sensation. Der Erfolg bleibt ihm auch während der folgenden Saisonen treu. Strauss ist der Liebling des Publikums, insbesondere des weiblichen. Sowohl für die seriöse Musikkritik als auch für die Klatschspalten ist sein Wirken ein schier unerschöpfliches Thema. Man fährt seinetwegen nach Pawlowsk, nicht mehr wie früher in erster Linie wegen des Essens. Geschickt weiß Strauss auch die Zarenfamilie für sich zu gewinnen: er gibt Benefizkonzerte für die Witwen und Waisen gefallener Soldaten, für Brandopfer und Kinderbewahranstalten. Der Zar engagiert ihn für seine Hofbälle…

…und zu Tode betrübt

In Russland erlebt Strauss auch beispiellose Misserfolge. 1858 spielt er bei einem Gastspiel im Moskauer Bolschoj-Theater vor leerem Haus. Zwei Jahre später muss Strauss vor der aufgebrachten Menge in Pawlowsk flüchten, als ein großangekündigtes Tanzfest nicht den Erwartungen entspricht. Auch in seinem Privatleben muss Strauss Rückschläge einstecken. 1856 sucht er um Erlaubnis zur Heirat mit einer russischen Kaufmannstochter an; der Zar willigt ein – doch Strauss kehrt unvermählt nach Wien zurück. Drei Jahre später scheitert eine Beziehung zu einer Offizierstochter an der ablehnenden Haltung der Eltern des Mädchens.

Abschied

Mit der Zeit weicht der einstige Enthusiasmus, mit dem Johann Strauss in Pawlowsk seiner Arbeit nachging, zunehmender Verdrossenheit. Er bleibt einige Jahre aus und lanciert seine Brüder als Nachfolger. 1872 soll Strauss wieder in Pawlowsk dirigieren, doch er bricht den bereits unterzeichneten Vertrag und nimmt ein lukrativeres Angebot nach Amerika an. Strauss muss Strafe zahlen… Erst 1886 kehrt er zu einer Serie von Wohltätigkeitskonzerten nach St. Petersburg zurück; er dirigiert dort seine neueste Operette Der Zigeunerbaron und lässt sich schließlich noch zu einem Abstecher nach Moskau und einem Abschiedskonzert in Pawlowsk überreden.

Pressefotos

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Aquarell Vauxhall in Pawlowsk, 1859, Wien Museum
Anschlag eines Strauss-Konzerts im Pawlowsker Vauxhall mit eigenhändigen Übersetzungen, 1865, Wienbibliothek
Johann Strauss: Garde à cheval (Russischer Marsch), St. Petersburger Erstausgabe für Klavier, 1886
Alexander Rosanow: Musykalnyj Pawlowsk, Lenigrad 1978