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Objekt des Monats August 2013: Der Brand von Mariazell

"Der Brand von Maria-Zell" aus dem Jahr 1827 (Größe 22 x 37 cm, Sign. E-286908)

Der Sommer ist traditionell auch die Zeit der Wallfahrt. Für Österreich kommt dabei seit jeher dem Gnadenort Mariazell eine zentrale Bedeutung zu: Wiener Wallfahrer schlossen sich schon in der Barockzeit, als sich die 1157 gegründete Gnadenbasilika unter Förderung des Hauses Habsburg zu einer Art "Nationalheiligtum" entwickelte, zu marianischen Bruderschaften, später auch zu Pilgervereinen zusammen, um gemeinsam über die "Via Sacra" durch die niederösterreichischen Wälder ins steirische Gebirgsland zu wandern.

Doch im Sommer 1828 stellte sich alles anders dar: Mariazell lag in Schutt und Asche, eine gewaltige Feuersbrunst hatte den Ort und große Teile der Basilika in der Nacht von 1. auf 2. November 1827 fast völlig zerstört. Direkt im Anschluss an die tragischen Ereignisse lief in der Steiermark eine Hilfsaktion von beträchtlichen Ausmaßen an, die durch einen Spendenaufruf des Kaisers höchstpersönlich dann auch weit über die Grenzen der Steiermark wirksam werden sollte und letztlich dafür sorgte, dass der Ort binnen fünf Jahren neu aufgebaut werden konnte.

Ein Beispiel für die Solidarität mit den Einwohnern Mariazells in der Hauptstadt Wien ist der Anschlagzettel "Der Brand von Maria-Zell" aus dem Jahr 1827 (Größe 22 x 37 cm, Sign. E-286908), mit dem der Wiener Theaterschriftsteller und Publizist Adolf Bäuerle (1786-1859) seinen Teil beitragen wollte. Der Herausgeber der "Wiener Theaterzeitung" verstand es in dem Text des Blattes, das Leid der betroffenen Einwohner poetisch zu überhöhen und so seinem städtischen Publikum näher zu bringen: wenn er etwa "alte Mütterchen" und "Wöchnerinnen" in den angesengten Habseligkeiten suchen lässt, auf die "kaum geborne[n] Wesen[, die] auf verbrannter Erde" frieren, hinwies, oder das Elend durch die Unerschwinglichkeit von einem "Löffel Suppe oder einen Tropfen Arzeney" auf den Punkt bringt. Mit den historischen Fakten scheint er es dabei nicht ganz so genau genommen zu haben, sondern zwecks verstärkter Wirkung noch etwas "draufgelegt" zu haben: Bäuerle berichtet von zwölf Todesopfern, 111 zerstörten Häuser und 150 betroffenen Familien, während in der Regel mit 10 Opfern, 91 zerstörten Häusern (von den insgesamt 111 Häusern Mariazells) sowie etwa 100 obdachlosen Familien bzw. 800 Personen gerechnet wird. Auch war beispielsweise das Gotteshaus keineswegs völlig zerstört worden, wie Bäuerle schrieb; lediglich die Türme waren eingestürzt sowie das Dach und die prächtigen Luster waren vernichtet worden, die Basilika und das Gnadenbild selbst indes heil geblieben. Aus heutiger Sicht ungewöhnlich gestaltete sich anno 1827 auch die Einsammlung der Spenden: man konnte diese nämlich nicht nur bei der zuständigen "k. k. Polizey-Oberdirektion" in Wien direkt abgeben, sondern – man höre und staune! - auch in der Druckerei Haykul (die somit indirekt auch als Entstehungsort des Blattes angenommen werden kann) bzw. sogar beim Verfasser selbst!

Die Verwüstungen des Jahres 1827 brachten die Pilgerströme übrigens keineswegs zum Erliegen. Als sich der Mariazeller Pater Honorius Widerhofer im Juli 1828 bei den Wiener Wallfahrern mit der Schrift "Dankrede an die großmüthigen Wohlthäter der österreichischen Monarchie" bedankte, stellte er überrascht fest, dass diese heuer "weit zahlreicher, als man unter diesen Umständen erwarten konnte, herbeygekommen[…]" waren. Während es der fromme Mann freilich als einen Akt der "heiligen Andacht" ansah, "dem Aufenthalte in einer immer anmuthiger sich gestaltenden Residenzstadt zu entsagen, um in eine bis auf den Grund zerstörte Brandstätte zu ziehen", so wissen wir heute, dass jede Katastrophe auch ein gewisses Maß an "Katastrophentourismus" mit sich bringt...

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Archiv der Objekte des Monats 2013