Am Donnerstag, 25. April ist die Benützung unserer Bestände nur bis 16 Uhr möglich. Leseplätze sind bis 19 Uhr verfügbar.

Eingeschränkte Benützung von Druckwerken
Seit 2. April 2024 steht ein Teil unserer Bestände für zwei Monate nicht zur Verfügung. Die betroffenen Druckwerke tragen im Katalog die Info "Außendepot – wegen Übersiedlung derzeit nicht bestellbar". Wir bitten um Ihr Verständnis!

Sie sind in:

Sie sind hier

Splitternachlass Franz Innerhofer, Sammlung Georg Friedrich Treitschke

Splitternachlass Franz Innerhofer (ZPH 1471)

Im September 2009 erwarb die Handschriftensammlung der Wienbibliothek im Rathaus einen Splitternachlass des aus dem Oberpinzgau stammenden Schriftstellers Franz Innerhofer, der zwei Archivboxen umfasst (ZPH 1471). Der uneheliche Sohn einer Landarbeiterin, der im Alter von sechs Jahren von seinem leiblichen Vater auf dessen Hof geholt wurde und dort später als Hilfsknecht arbeitete, absolvierte nach einer Lehre als Schmied die Matura, um 1970 ein bald abgebrochenes Studium der Germanistik und Anglistik an der Universität Salzburg zu beginnen. Von 1973 bis 1980 lebte Innerhofer als freier Schriftsteller in Orvieto (Italien), in Arni bei Zürich und in Graz. Sein Erstling "Schöne Tage" (Salzburg 1974) machte Innerhofer schlagartig bekannt. In kurzer Folge erschienen die Bände "Schattseite" (Salzburg 1975) und "Die großen Wörter" (Salzburg 1977), die zusammen eine äußerst erfolgreiche, ja gefeierte Trilogie der harten bäuerlichen Wirklichkeit ergaben. Suhrkamp sicherte sich die Taschenbuchrechte, in der DDR erschienen die Bände im Aufbau-Verlag. Zudem liegt die Trilogie in zahlreichen Sprachen vor. Obwohl der Roman "Schöne Tage" 1981 unter der Regie von Fritz Lehner mit überzeugenden Laiendarstellern verfilmt wurde, war der Autor Innerhofer, der seit 1980 als Buchhändler in Graz arbeitete, zu dieser Zeit bereits nicht mehr in aller Munde. Sein Roman "Der Emporkömmling" (Salzburg, Wien 1982) fand nur wenig Beachtung, sein späterer Comebackversuch "Um die Wette leben" (Salzburg, Wien 1993) wurde als "Schlüsselroman" des deutsch-österreichischen Literaturbetriebs von der Kritik unisono negativ besprochen.

Der im Antiquariatshandel erworbene Bestand enthält u. a. zwei Mappen mit privater und geschäftlicher Korrespondenz, besonders hervorzuheben sind dabei die Briefe von Bundeskanzleramt und Bundesministerium für Unterricht und Kunst, die, wie viele Dokumente dieses Konvoluts, für den Abstieg des einst gefeierten literarischen Neulings stehen. Besonders umfangreich repräsentiert sind Lebensdokumente wie Abrechnungen mit der Literar-Mechana, dem Residenz-Verlag oder dem ORF. Hier, wie auch bei den stark repräsentierten Steuerunterlagen, wird die Entwicklung vom gut verdienenden Jungautor zum abseits stehenden Schriftsteller, der von der Hand in den Mund lebt, augenfällig. Weil Innerhofer seine Reisen, die ihm fast durchweg mit Stipendien der öffentlichen Hand finanziert wurden, mit Hilfe von Belegen, Fahrkarten und Flugtickets penibel dokumentieren musste, lassen sich zahlreiche Aufenthalte im Ausland gut nachvollziehen. Überhaupt scheint Innerhofer einen Faible dafür gehabt zu haben, allerlei Rechnungen, Kontoauszüge und Überweisungen aufzubewahren. So kann in der Mappe "KFZ" nicht nur gezeigt werden, wie sehr Innerhofer seinen Renault 4 von Fachwerkstätten pflegen ließ, sondern auch, dass er mit demselben Gefährt bisweilen deutlich zu schnell unterwegs war.

Nicht zum Konvolut gehören, bis auf einige wenige Fragmente, Texte aus der Feder von Franz Innerhofer. Zu diesen Ausnahmen gehört folgender Aphorismus mit dem Titel "Weiter geschrieben wird": "Auch wenn ich auf oder mit einem Finger auf der Schreibmaschine herumtippe und einigermaßen betrunken bin, aber weitergeschrieben wird."

Franz Innerhofer nahm sich – schwer gezeichnet von Alkoholproblemen und Depressionen – im Januar 2002 in seiner Grazer Wohnung das Leben.

Zum Bestand gehören auch Bücher aus dem Besitz von Franz Innerhofer, darunter einige Widmungsexemplare, etwa solch prominenter Autoren wie Beat Brechbühl, Hans-Christoph Buch und Bernd Jentzsch.

Sammlung Georg Friedrich Treitschke (ZPH 1472)

Im Oktober 2009 erwarb die Handschriftensammlung der Wienbibliothek im Rathaus eine umfängliche Sammlung zum Theatermann Georg Friedrich Treitschke (1776–1842), die nicht weniger als 32 eigenhändige Manuskripte aus der Zeit von 1795 bis 1839 umfasst (ZPH 1472). Der in Leipzig geborene Treitschke hatte auf einer Reise nach Wien im Jahre 1802 den Direktor des dortigen Hoftheaters von Braun kennengelernt, der den erfolgreichen Jungautor als Regisseur und Dramatiker anstellte. 1809 wurde Treitschke Vizedirektor und leitete zusätzlich von 1811 bis 1814 das Theater an der Wien. 1822 wurde er Hoftheaterökonom. Treitschke, der sich zudem als Lepidopterologe einen Namen machte, starb am 4. Juni 1842 in Wien.

Dauerhaften Ruhm hat sich Treitschke, der zahllose Bühnenstücke, Singspiele und Operntexte verfasste, mit dem Libretto zu Beethovens „Fidelio“ erworben. Die Handschrift dieses Librettos wurde in den 1960er Jahren aus Wiener Privatbesitz ans Beethoven-Haus nach Bonn verkauft. Treitschke war, wie man heute sagen würde, gut vernetzt. So lieferte er auch das Libretto zu Salieris "Die Neger". Freundschaftliche Kontakte pflegte er zu Franz Schubert und Carl Maria von Weber. Und Johann Wolfgang Goethe soll um das Manuskript von Mozarts „Idomeneo“ gebeten haben, den Treitschke aus dem Italienischen übersetzt hat.

Von den 37 Theaterstücken des Autors, die in der Sammlung enthalten sind, liegen nicht nur 32 eigenhändige Manuskripte vor, sondern es gilt darüber hinaus zu betonen, dass 21 Titel dieser bemerkenswerten Kollektion nicht in der Basisbibliographie zur Zeit, in Karl Goedekes "Grundriß zur Geschichte der deutschen Dichtung", aufgeführt werden. Der Bestand enthält also eine beachtliche Zahl an ungedruckten Stücken von Treitschke, von dem immerhin mehr als 50 Schau- und Singspiele, Opern und Libretti in Buchform überliefert sind.

Dieser geballten handschriftlichen Überlieferung wird dadurch ein besonderer Reiz verliehen, dass es sich bei nur sieben Manuskripten um Reinschriften handelt, die restlichen Stücke zum Teil starke Bearbeitungsspuren und Überklebungen aufweisen, was wichtige textgenetische Aufschlüsse ermöglicht. Teilweise liegen sogar alternative Entwürfe und Textvarianten in Zettelform bei – was bei Material aus dieser Zeit durchaus außergewöhnlich ist.

Besonderes Augenmerk verdient das Singspiel "Gute Nachricht", das von einer ganzen Reihe von Musikern vertont worden ist, u. a. von Mozart und Beethoven. Letzterer war auch an der musikalischen Umsetzung des Singspiels "Die Ehrenpforten" beteiligt. Schubert steuerte Kompositionen zur Zauberoper "Die Wunderglocke" bei, die unter dem Titel "Das Zauberglöckchen" uraufgeführt wurde.

Abgerundet wird der Bestand mit fünf Abschriften von Treitschke-Stücken von fremder Hand, durch 25 Theaterzettel von Aufführungen Treitschkes sowie durch neun Drucke. Darüber hinaus gehören sechs Manuskripte von Treitschkes Sohn Friedrich (1819–1878) zur neu erworbenen Sammlung.

Archiv der Neuerwerbungen 2009